"Auf einen Außenposten bei den Gewerkschaften versetzt"

Über den Kultursekretär Egon Rentzsch schreibt Alfred Kantorowicz im 2. Band seines "Deutschen Tagebuchs":

"Der Rentzsch dampfte vor Hochgefühl. Gerade hatte er nach der offiziellen Premiere beschlossen, ein anderes Stück zu verbieten. Er lief Amok, niemand konnte ihn stoppen.
Er überrollte alles. ... Ihm, Rentzsch, war von der Instanz, die für ihn allein zählte, dem von Ulbricht beherrschten Zentralsekretariat der SED, das grüne Licht gezeigt worden, mal 'Ordnung zu schaffen', reinen Tisch zu machen mit jeder Eigenwilligkeit der 'Tintenkulis', später hat man den Amokläufer auch abgeschoben – nicht gerade in die Wüste geschickt, denn ein Mann von seiner Roheit und Dummheit war immer mal wieder brauchbar, aber aus der Zentrale auf einen Außenposten bei den Gewerkschaften versetzt."

Der Eindruck läßt sich nicht ganz wegwischen, als ob die Gewerkschaft nie wirklich hoch im Kurs gewesen ist, wenn sie als Teil des herrschenden Systems agierte.
Was mich wie nach fast jeder gewerkschaftlichen Ausschuss[wie-schon-der-Name-sagt]-Sitzung an das Projekt "gewerkschaftliche Funktionen als Sekundärkarriere" erinnert, mit dem ich diesem Unmaß an Geschmeidigkeit und Dummheit von Gewerkschaftsfunktionären in höheren Positionen nachzuspüren versuchen wollte.

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