Jüngers Selbststilisierungen

Habe S. die ersten zwei Bände der "Strahlungen" geschickt. Hier sein schöner und zutreffender Kommentar nach dem ersten Band:
Nicht nur die allgemeine Lebens- und Menschenbeobachtungen sind es, die faszinieren, auch die Details der Naturbeschreibungen und natürlich auch der Insektensammlerwahnsinns des Autors, der selbst im Kriegseinsatz noch immer irgendwo einen unbekannten Rüsselkäfer findet und dies manchmal sogar fast wie ein Geschenk des Himmels begreift.
Jünger stilisiert alles. Und das kann manchmal auch zu viel sein. Irgendwo schreibt er, daß ihm bei der Lektüre von Fontane der Gedanke kam, "dass eine starke Erzählerkraft den Autor leicht schädigt, da in ihrem schnellen Strome das feine Geistesplankton nicht gedeiht". Und irgendwie trift das, glaub ich, in einer allgemeineren Form auch auf ihn selbst zu. Die Stilsicherheit im Ausdruck, seine gebildete Ästhetik verführen dazu, allem eine Form zu geben. Auch dort wo Unausgegorenes besser unausgegoren geblieben wäre. Die Folge ist eine Stilisierung auch des eigenen Lebens zur elitär-ästhetischen Existenz. Das hat er vermutlich zur Lebensbewältigung gebraucht. Das macht ihn aber manchmal auch unausstehlich. Und hat vermutlich in der Rezeptionsgeschichte zu dem Jünger-Bild geführt, das man hat, wenn man sich nicht oder nur sehr selektiv mit seinem Schriften beschäftigt.

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