Ausleihe-History und Datenschutz sowie nostalgisches Abgleiten
Im Bibliothekssystem der Wiener Büchereien werden ausschließlich die letzten drei EntlehnerInnen eines Mediums gespeichert - ab der vierten Entlehnerin [1] ist die erste nicht mehr mit dem Medium verknüpft.
Auf Wunsch der BenutzerInnen besteht jedoch die Möglichkeit, die Speicherung der Entlehnhistory zu aktivieren, wodurch ein Hinweis bei der Entlehnung eines Mediums erscheint, welches von der Benutzerin schon einmal entliehen worden ist.
Dieses Feature wird nicht oft aber doch, vor allem von Vielleserinnen genutzt.
Vor einiger Zeit kam eine Mail aus dem EDV-Referat, dass eine Speicherung der Entlehnhistory ab sofort zu unterlassen sei, weil dies gegen den Datenschutz verstoße. Auch wenn die Leserin ausdrücklich ihre Einwilligung gebe.
Da in manchen Zweigstellen offenbar die bestehenden Histories weiter aktiviert blieben, erfolgte per Mail der Hinweis, dass ab nun täglich alle aktivierten Histories zentral gelöscht würden.
Darauf kam eine Anfrage:Das heißt auch, dass die Ausleihhistory von Konten der Bücherrucksäcke gelöscht werden? Da es sich hier nicht um Personen im Sinne des Datenschutzes handelt, müsste es doch erlaubt sein die History zu speichern. Gibt es eine Möglichkeit eine Benutzergruppe einzuführen, bei der die Ausleihhistorie gespeichert werden darf - für spezielle Projekte?Die Antwort erfolgte umgehend:ich befürchte, dass der Datenschutz für alle Lesergruppen gelten muss - also auch für Vereine, Kindergruppen, etc.Ebenso umgehend die Replik:Meine Anfrage richtet sich nicht darauf, einen Hort zu bespitzeln, ich möchte lediglich interne Karten für die Belieferung von Horts mit Bücherrucksäcken anlegen dürfen.Nicht nur weil ich selber ein "Betroffener" der Löschaktion bin, weil ich die Lesekarten der Bibliothekarsfamilienmitglieder mit einer History versehen habe, um die Tonnen Krimis jeweils nur 1x nach Hause schleppen zu müssen, ist mein erster Impuls gewesen, diese Datenschutzaktion als Schwachsinn anzusehen. Sondern auch, weil ich meinte, dass Arbeitserleichterung und erhöhte BenutzerInnenfreundlichkeit bei Einverständnis aller Beteiligten nicht durch abgehobene gesetzliche Vorschriften verhindert werden sollten.
Dadurch könnte ich rasch feststellen, welche Medien in welche Horte bereits entliehen wurden.
Offenbar ist es nicht möglich, eine Benutzergruppe einzuführen, bei der erlaubt wäre, die Historie zu speichern.
Ich nehme das zur Kenntnis.
Inzwischen glaube ich aber, dass es auch in diesem Fall sinnvoll ist, nicht alle technischen Möglichkeiten der Datenbeschaffung auszureizen, selbst wenn es unmittelbar von Vorteil zu sein scheint. Denn Tatsache ist, dass auch diese an sich harmlose Verknüpfung eine im Datensatz dauerhafte ist und bei Bedarf rekonstruiert werden könnte. Es betrifft ja eben nicht nur die Beteiligten, sondern ist eine objektiv vorhandene Mehrinformation, welche, einer inneren Datensammelgesetzmäßigkeit entsprechend, einen weiteren Ausbau erheischt.
Also werde ich mein Los tragen und die bereits gelesenen Krimis hin tragen und wieder zurück und wieder hin. Und mich an das Leseheft meiner Jugend erinnern, in welches die BüchereibenutzerInnen die entliehenen Bücher einzutragen hatten, sonst durften sie keine neuen ausborgen. So wie sie einen (maximal einen) Krimi auch nur bekamen, wenn sie ein anderes - "gutes" - Buch zusätzlich entlehnten. Zu jenen Zeiten also, als es bei der Begleichung von Mahngebühren die Wahl gab, den vollen Betrag zu zahlen und dafür Wertmarken als Bestätigung zu bekommen oder einen viel geringeren Betrag und dafür die "Wr. Bücherbriefe" zu erstehen, eine Sammlung von Rezensionen und Aufsätzen, die freiwillig kaum jemand zu kaufen gedachte.
Auf dem Umschlag des Lesehefts stand übrigens der Spruch:
"Vom Guten kann nie zu viel und vom Schlechten nie zu wenig gelesen werden".
[1] weibliche Form gilt hier der besseren Lesbarkeit wegen für w+m. [zurück]
bei UB Wien kein Problem