RFID in der Bücherei (3) Vom Fladern b) durch die BesucherInnen

Bei den zahlreichen Einbrüchen in den Wiener Büchereien im letzten Jahrzehnt wurde von den Einbrechern zwar die Kassen ausgeräumt, doch die Entleih-Medien nicht angerührt. Anders ist es mit jenen BüchereibenutzerInnen, die während der Öffnungszeiten kommen und sich ihren Anteil am gesellschaftlichen Eigentum zu sichern glauben, indem sie Teile des Büchereibestands privatisieren.
Einen Bücherschwund hat es bekanntlich immer gegeben, in kleineren, überschaubaren Büchereien weniger, in größeren mehr. Dem Einhalt geboten hat, neben dem Gewissen der BenutzerInnen und der sozialen Kontrolle, vor allem eine entsprechende Präsenz des Bibliothekspersonals sowie die Sicherung privatisierungsanfälliger Medien: beispielsweise ein Platzhaltersystem für CDs, Videos, DVDs.
Da das Handling hiefür zumeist recht zeit- und damit personalkostenkostenaufwändig ist, wird deren Einsatz zunehmend mit dem Wiederbeschaffungswert von entwendeten Medien gegengerechnet und in steigendem Ausmaß auf diese Sicherung verzichtet.
Glücklich macht das aber nicht, weil es den BibliothekarInnen in der Regel um die konkreten, in ihren Augen oft auratischen Medien leid tut, die der Bücherei verloren gehen, auch wenn ihr buchhalterischer Wert gegen Null tendieren sollte.
Der Einsatz von RFID-Etiketten versprach nun die optimale Lösung für dieses Problem zu sein.
Ein wesentliches Argument für die Einführung von RFID-Systemen war daher allemal der Sicherungsaspekt, ein Schlüsselreiz, für den vor allem Politiker, die das budgetmäßig zu bewilligen haben, überaus empfänglich sind.
Neben den Schlagworten "Personaleinsparung" und "Serviceverbesserung" ist daher "Sicherheit" wohl zu gut einem Drittel für die Pro-RFID-Entscheidung von politischer Seite verantwortlich.
Auch in keiner der Ankündigungen von Bibliothekssystemen, die auf RFID-Verbuchung umsteigen, fehlt dieser Hinweis, was vermuten läßt, dass die BibliothekarInnen den Versprechungen der Herstellerfirmen vertrauten.

In Wien gab es bis zum Abend des ersten Ausleihetages mit dem neuen System ebenfalls entsprechend hohe Erwartungen:

"beschleunigte Ausleihvorgänge, eine verbesserte Diebstahlsicherung," schreibt Bernhard Wenzl in seiner Projektarbeit "RFID in der Hauptbücherei Wien (2006)" und zitiert deren Leiter Christian Jahl: „Die neue Technologie erschien uns als Chance ... die ... Diebstahlsicherung zu vereinfachen. "
Also werden in der Hauptbücherei 300.000 Medien vertrauensvoll mit den Transponder-Etiketten beklebt und initialisiert, denn

"Diebe haben keine Chance, die eingebaute Sicherheitsfunktion macht bei einem Diebstahlsversuch laut auf sich aufmerksam: Geht man mit einem nicht ausgecheckten Buch unter der Jacke durch die Schranke am Ausgang, ruft ein Signalton das Personal herbei. So, wie man es schon aus Kaufhäusern kennt." (ChangeX)
oder:

"In der neuen Wiener Hauptbücherei piept es. Jedes Mal, wenn jemand die öffentliche Bibliothek verlassen will, die Bücher aber noch nicht den digitalen Stempel "ordungsgemäß entliehen" tragen, ertönt ein Signalton. Das schreckt Diebe ab und erfüllt somit einen der Zwecke, die die Bücherei mit der Einführung von RFID-Chips (Radio Frequency Identification) verfolgt.(In Wien funken die Bücherwürmer")

Am Abend des ersten Ausleihetages in der neuen Hauptbücherei war ein beträchtlicher Teil des DVD- und CD-Bestandes ohne Verbuchung weg. Dieser massenhafter Privatisierungsprozess hielt in den nächsten Tagen an. Hernach wurde durch einige Maßnahmen, die mit dem RFID-Sstem nichts zu tun haben, der Schwund verringert.
  • "Wir haben nach einem Medium für die Sicherung gesucht ..."
  • "Wir sind rundum zufrieden".
  • "Bis zum heutigen Tag hat der Einsatz dieser zukunftsträchtigen Technik alle Hoffnungen und Erwartungen restlos erfüllt"
Nach einiger Zeit gibt es einen Umstieg auf andere Transponderetiketten, von denen man sich bessere Ergebnisse verspricht. Die Firma Bibliotheca-RFID-Library-Systems schreibt dazu auf ihrer Website:

"Auch die Ringlabels der CDs/DVDs können gleichermaßen wie die Bücherlabels nun perfekt erkannt und verarbeitet werden. Diese Erfolge tragen Früchte: Wir freuen uns, dass ab Juni 2007 drei weitere Zweigstellen auf das BiblioChip RFID-System umgestellt haben, so dass ab September 2007 die Besucher sowie die Mitarbeiter von der neuen Technologie profitieren konnten. “

Also hockten wir MitarbeiterInnen dieser 3 glücklichen Zweigstellen im heißen Summer in the City 07 uns an die PCs und etikettierten und initialisierten insgesamt 100.000 Medien.



Hedonistin - 2008.07.22, 00:54

Ich harre gespannt der nächsten Folge - das ist ja mindestens so spannend wie anno dunnemal der Fortsetzungskrimi in der Zeitung. :-)

haftgrund - 2008.07.23, 23:29

ich auch :-)

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