Die Magistratsabteilung 13 – ein Duodez-Fürstentum?
Aus dem KIV-MAGAZIN
- »Man wird dort freilich sehr schnell alt, aber man bleibt es auch lange. Deshalb ist es allen Leuten, die weiter nichts vom Dasein verlangen, auf das Angelegentlichste zu empfehlen, sich dort niederzulassen und ein stilles Leben zu führen, ein Leben in Duodez.« Hermann Löns
Zuerst kommt der Fürst, sprich der Abteilungsleiter. Darunter, wie in allen Duodez-Kleinstaaten, bildet sich das Gemenge eines eilfertigen Hofstaates, für den sich die entsprechenden Kleinherrschaftsfunktionen durch Zellteilung in die Fachbereiche (FB) Bildung und Jugend auch finden ließen und welche naturgemäß LeiterInnenposten erheischen. Diese sind den nachgeordneten Dienststellen gegenüber weisungsberechtigt. Ebenfalls weisungsberechtigt – und das ist sogar im Wr. Magistrat einmalig – sind die sogenannten Koordinationsbereiche (KB) Budget&Personal, Controlling, Organisation und Öffentlichkeitsarbeit, die natürlich ebenfalls mit Leitungsfunktionen bestückt sind.
Das heißt, die Leitung der Büchereien hat Weisungen zu befolgen
- vom Abteilungsleiter,
- von der Abteilungsleiter-Stellvertreterin,
- von der Leiterin des FB Bildung,
- von der Leiterin des KB Organisation,
- von der Leiterin des KB Controlling,
- von der Leiterin des KB Budget- und Personal,
- von der Leiterin des KB Öffentlichkeitsarbeit.
Sie kann sogar sich selber Weisungen erteilen, weil sie in ihrer weiteren Funktion als Leiterin der Media Wien sich selber gegenüber weisungsgebunden ist. Diese Situation der Selbstweisung erinnert ein bisschen an den Roman „Der Ochse von Kulm“ in welcher ein Bauer, der wegen eines politischen Vergehens eine Haftstrafe erhalten hatte, als Freigänger seinen Acker mit seinem (in Wahrheit ausgeliehenen) Ochsen bearbeiten durfte und gleichzeitig von der Justizverwaltung wegen Personalmangels sich selber als Aufsichtsorgan beigestellt wurde.
Wie es sich für Duodezfürsten gehört, entspricht die Bestimmtheit der Weisung nach unten dem ehrerbietigen Nicken nach oben:
- Als die Innenrevision aufgrund dubioser Berechnungen zu dem Schluss kam, dass die Zweigstellen der Büchereien um 31 Dienstposten zu viel hätten, gab es von Seiten der Leitung der MA 13 statt eines heftigen Protestes gegen diesen Angriff auf die Büchereien umgehend einen Aufnahmestopp, der schon fast 1 Jahr währt. Das dadurch ersparte Geld wurde für Computer ausgegeben und das Personalbudget für 2007 vermindert.
- Als die Innenrevision der Ansicht war, dass 2 Kolleginnen eine Zulage zu unrecht bezogen hätten, gab die MA 13 ebenfalls umgehend die Weisung, diesen KollegInnen den strittigen Betrag vom Gehalt abzuziehen, womit sie zwar sowohl gegen die Bedienstetenordnung als auch gegen das Personalvertretungsgesetz verstieß, aber dafür hoffen durfte, dass das Auge der Innenrevision künftig milder auf das kleine Fürstentum herniederblickt.
- Ebenfalls schnell reagierte die MA 13 auf das Ansinnen von oben, einige Dienstposten in die Richtung der Kindergärten frei zu geben, das heißt, sie für die Büchereien zu streichen: ohne die Personalvertretung und die Büchereienleitung zu informieren, waren plötzlich 4 Posten weniger im Dienstpostenplan vorhanden.
- Anlässlich einer Büchereiveranstaltung, in welcher das neue Buch von Henryk Broder, welches sich kritisch mit dem Umgang westlicher Länder mit islamistischer Ideologie auseinandersetzte, vorgestellt werden sollte, verlangte ein islamischer Verein von der MA 13, dass diese Veranstaltung von einer Buchvorstellung in eine Podiumsdiskussion mit einem ihrer Vertreter umzufunktionieren wäre. Statt darauf hinzuweisen, dass es wie immer im Anschluss an eine Buchvorstellung ohnehin eine Diskussionsmöglichkeit gebe, zu der alle Interessierten herzlich eingeladen seien, übernahm die Leiterin des Fachbereichs Bildung die Forderung des islamischen Vereins und erteilte der Bibliothekarin die Anordnung, die Veranstaltung als Podiumsdiskussion durchzuführen und drohte im Falle der Weigerung mit Sanktionen.
Dank der Bibliothekarin, welche sich diesem sachlich ungerechtfertigten Ansinnen widersetzte, konnte die Veranstaltung und die nachfolgende Diskussion auch mit Teilnehmern des islamischen Vereins erfolgreich durchgeführt werden. Wenn die Anordnung der MA 13 befolgt worden wäre, hätte dies zu einem Abbruch der Veranstaltung durch den Buchautor geführt, und aus dieser kleinen Blamage der MA 13 wäre dank der ausgezeichneten Pressekontakte von Henryk Broder wohl ein mittlerer Skandal geworden.
Dass die Leitung der MA 13 es hernach nicht für nötig befunden hat, sich bei der Bibliothekarin zu entschuldigen bzw. sich für die Verhinderung einer größeren Blamage zu bedanken, ist wohl zu erwarten gewesen.
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