RFID in der Bücherei (2) - Vom Fladern a) durch die Bediensteten

Diebstahl oder klauen, um ein adäquateres Wort für das wienerische "Fladern" zu verwenden, ist in Bibliotheken und Büchereien bekanntlich kein ganz neues Thema und wird auch in den Medien periodisch abgehandelt, wenn ein aufsehenerregender Fall aufgedeckt wird oder eine neue Technik dem Buchschwund Einhalt zu geben verspricht.
Auch im Buch "Der Bibliothekar" von Gottfried Rost wird auf dieses Phänomen eingegangen. Neben einigen spektakulären Diebstahlsfällen werden aber auch Bibliothekare genannt, die wegen Bücherdiebstahls entlassen wurden. Es ist anzunehmen, dass die Tendenz zur immerwährenden Vereinigung von BibliothekarIn und Buch eine diesem Berufsstand innewohnende Konstante ist.
Denn ein Buch scheint nur für die Uneingeweihten ein selbstverständliches, triviales Ding zu sein. BibliothekarInnen wissen aber, dass es ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und psychopathologischer Mucken. Soweit das Buch nur zum Lesen benutzt wird, ist nichts Mysteriöses an ihm, aber für die BibliothekarInnen stellt es sich allen andren Gegenständen gegenüber auf den Kopf und entwickelt aus seinem Holzpapier Grillen, viel wunderlicher, als wenn es aus freien Stücken zu tanzen begänne.
(Wem diese Zeilen bekannt vorkommen, der kann hier vergleichen :-)
Es hat eine Zeit gegeben, dass diese Fetischbeziehung als eine Art Aufnahmebedingung für den Büchereidienst angesehen wurde: in meinem Ausbildungskurs hat der Vertreter der Magistratsdirektion, der uns das Dienstrecht einbläuen sollte, launig gemeint, dass er unserer Personalchefin geraten habe, bei Aufnahmetests die BewerberInnen zu fragen, ob sie schon mal ein Buch stehlen wollten. Und nur jene, die dies bejahten, seien als geeignet für den Büchereidienst anzusehen.
Vermutlich hat sich das Anforderungsprofil in der Zwischenzeit etwas geändert und ich vermute, dass die besondere Beziehung der BibliothekarInnen zum Buch zwar einen starken Antrieb zum Fischen im eigenen Bibliotheksbestands erzeugt, der soziale Antrieb in der Regel aber ungleich größer ist und daher unverbuchte Entnahmen durch Bibliotheksangestellte vergleichsweise unterdurchschnittlich oft erfolgen.
Was aber nicht heißt, dass die Medien auch immer entsichert sind, die sie für sich verbuchen. Denn es gehört fast zur Begleitmusik beim Eintreten von BibliothekarInnen in eine Bücherei, dass der Warnton erklingt. Passiert dies während der Ausleihe, lassen spöttische Blicke und Bemerkungen zumeist nicht lange auf sich warten ...

Wie man sieht, für Büchereibedienstete braucht es keine Mediensicherung bzw. wäre sie sinnlos. Hier greift in weit höherem Maße das soziale Gewissen.

Anders scheint es allerdings bei jenen zu sein, für die das Herz der sozialen BibliothekarInnen schlägt, bei den BüchereibenutzerInnen.
Dazu demnächst.

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