Der Falter-Eigen-Dolm der Woche

Gelegentlich provozieren Artikel im Falter zu der Überlegung, dem oder der Autorin einen Dolm der Woche zu verpassen. Es sind noch wenige und jene Artikel, deren VerfasserInnen ein Hero gebührt, sind noch weit in der Überzahl. Aber die Regelmäßigkeit des Aufkommens von Dolmigem erschreckt zunehmend.
Vor einiger Zeit hat beispielsweise Florian Klenk einen ganz dicken Dolm von mir gekriegt wegen der Bekanntgabe der Adresse einer KZ-Aufseherin, der jetzt der Prozess gemacht werden sollte (sie ist inzwischen verstorben). Das war "Österreich"-Level. Auch Armin Thurnherr hat schon einen eingefangen, und zwar nicht wegen seiner Gusenbauer-Elogen, sondern wegen der Beleidigtheit, mit der er auf die darauf folgende Kritik reagierte.
Auch in der aktuellen Nummer 29/08 gibt es wieder einen Dolm, sogar deren zwei. Der eine ist nochmals Florian Klenk, dessen Artikel ich an sich sehr schätze , doch dürfte ihm der Ausflug zur "Zeit" nicht so gut getan haben - warum auch immer ... Diesmal wurde er ausgezeichnet erstens wegen seines Artikels "Sima wieder gut". Schon allein die Überschrift verdient einen Sonder-Dolm und auch der Satz: "Umweltstadträtin Ullli Sima verdient das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Stadt Wien".
Der Artikel ist von einer geradezu kniefallerischen Lobpreisung der mit Witz und Intelligenz die Wiener Seele Studierenden, die mutig und konsequent die Leute in die Knie zwingt, weil sie perfekt die "vom Wiener Dialekt gefärbte Babyfäkalsprache, der von Sigmund Freud so genannten "analen Phase" anwendet.

Nur weil tausende Schilder mit einem potthäßlichen Hund in die Grasflächen gesteckt wurden?
Zu behaupten, dass Sima mit solchen Aktionen das Hundekotproblem lösen können werde, ist fast so infantil wie die Schilder. Vergessen ist, dass die erste Staffel der Hundeschilder (das unsägliche "Gackerl ins Sackerl") innerhalb weniger Tage aus dem Stadtbild verschwunden waren, und auch viele der aktuellen Schilder liegen verstreut herum und tun das, was sie am Besten können, nämlich verschandeln.
Dabei hätte eine einfache Beobachtung gereicht, um herauszufinden, was die Hundekotsituation tatsächlich - leider noch nicht ausreichend - verbessert hat: das Anbringen von Hundekotsäckchen; es ist schnell zu erkennen, dass in der Umgebung von solchen Säckchenspendern (so sie regelmäßig nachgefüllt werden) die Fäkalienmenge deutlich geringer ist als in Gegenden, wo solche Spender nicht zu sehen sind. Ist wie mit den Mistkübeln. Sind sie vorhanden, wird reingeworfen. Sind sie nicht vorhanden, wird runtergeworfen. Ist nun mal so.

Der andere Dolm musste Barbara Tóth verliehen werden für ihren Artikel "Nur mit der Ruhe. Die FPÖ wird wahrscheinlich Teil einer nächsten Regierung sein. Na und?" Als einen der Gründe für die Aufnahme der FPÖ in die Riege der möglichen Koalitionspartner sei die demokratiepolitische Kultur [sic!] in diesem Land anzusehen:

Eine Regierungsbeteiligung der FPÖ darf nicht wieder das antidemokratische Schreckgespenst werden, zu dem es vor acht Jahren von all jenen hochstilisiert wurde, die sich die donnerstägliche Losung "Widerstand" auf ihre Fahnen geschrieben hatten. Die Vor- und Nachteile sowie die Grenzen der Koalitionsvarianten Rot-Blau und Schwarz-Blau gehören in den verbleibenden Wochen bis zum Wahltag ausführlich diskutiert - ohne Hysterisierung und Empörung, ohne die Wörtchen "Tabubruch" und "Faschismus"
Es ist nur zu dumm, wie kann man von der FPÖ reden, ohne dass man sich gezwungen sieht, sich mit Faschismus und Neonazitum auseinanderzusetzen? Und man muss es nicht als "Tabubruch" bezeichnen, was die FPÖ tut, sondern kann es auch als immer aggressivere Lügenpropaganda und Menschenhatz konkretisieren.
Das kann man, wie es Frau Tóth fordert, auch ganz cool - aber doch mit Empörung - feststellen. Aber ebenso cool ist zu konstatieren, dass jeder, dessen politische Kultur als nicht ganz verrottet angesehen werden soll, über den geregelten parlamentarischen Umgang hinaus an dieser Bande halt nicht anstreifen kann. Ist eh ganz einfach.
Ebenso einfach ist es, darauf zu verzichten, wieder beweisen zu wollen, dass diese Partei nicht regierungsfähig ist. Das war, ehe sie mitregierte, schon klar, und sie hat es dank ihres reichhaltigen Groteskpersonals auf geradezu grandiose Weise auch realiter unter Beweis gestellt.
Daher ein Pflichtdolm für die Verfasserin dieses Artikels.

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