In einer jener glücklichen Zweigstellen, die im Jahre 7 zum medialen Hochsicherheitstrakt ausgebaut werden sollten, befindet sich das CD-Regal gegenüber der Ausleihetheke, wodurch für eine unverbuchte Mitnahme dieser Medien ein gewisses Maß an Geschick und Kaltblütigkeit vonnöten ist. Der Abgang hält sich somit in Grenzen. Für die DVDs und CD-Roms wird ein Platzhaltersystem verwendet.
Was natürlich sowohl hinsichtlich der Einarbeitung als auch bei der Ausleihe mehr Aufwand bedeutet; außerdem erhöhte Materialkosten durch die zusätzliche Hülle. Daher stand die Belegschaft der Bücherei vor der Entscheidung, ob nach der Transponderisierung des Medienbestands dieser zusätzliche Aufwand noch zu verantworten sei; denn die Einführung der RFID-Verbuchung ging zwar nicht mit einer Personalkürzung einher, doch durch die Erweiterung der Öffnungszeiten erfolgte naturgemäß eine Verknappung der Verwaltungsarbeitszeit.
Für die Auflassung des Platzhaltersystems sprach, dass es kontraproduktiv wäre, wenn die BenutzerInnen - vor allem in der Umgewöhnungsphase auf die Selbstverbuchung - bei einer DVD-Ausleihe erst recht wieder das Büchereipersonal in Anspruch nehmen müssten. Da vermutlich die Arbeitsersparnis durch Selbstverbuchung und Stapelausleihe vor allem in den ersten Monaten nicht so groß sein werde, dass damit die längere Öffnungszeit kompensiert würde, könne man sich keine "Luxusarbeiten" mehr leisten.
Dem wurde entgegengehalten, dass die Erfahrungen in der Hauptbücherei im Hinblick auf die Sicherung der audivisuellen Medien nicht so toll seien und es wäre schade, wenn der mühsam erkämpfte DVD-Bestand vor der Zeit schmelze.
Dem wurde - vor allem auch von der Leitung der Wiener Büchereien - entgegengehalten, was sechs Monate später Jenny Oltersdorf in ihrer Magisterarbeit hinsichtlich der geringeren Kontrollierbarkeit von Beschädigungen bei automatisierter Rückgabe schreibt:
"damit der Bestand in Öffentlichen Bibliotheken nicht veraltet, sollten jährlich 10 Prozent des gesamten Medienangebotes erneuert und entsprechend veraltete oder beschädigte Medien makuliert werden. Dadurch wird der Bestand Öffentlicher Bibliotheken ... in regelmäßigen Abständen vollständig ausgewechselt" (S. 30)
Dem wurde entgegengehalten, dass es nicht leicht fallen werde, Langfinger ausschließlich auf die regelmäßige Entwendung veralteter oder beschädigter Medien zu konditionieren, um eine Erneuerung und nicht Veralterung des Bestands zu gewährleisten.
Das Thema Arbeitsbelastung wurde schließlich durch ein Mitglied der Leitung mit der launig hingeworfenen Bemerkung fokussiert: "Dann kommts aber ned her und jammerts, dass ihr so viel Arbeit habts!" Diese wohl unbeabsichtigte paradoxe Intervention gab den Ausschlag: das Platzhaltersystem wurde beibehalten.
Die darauf folgenden Erfahrungen waren unspektakulär: es gab keinen auffallenden Medienschwund, sondern nur zahlreiche Fehlalarme beim Verlassen und Betreten der Bücherei, die Manipulationen mit den Platzhaltern machten weniger Arbeit als die Versuche, die audivisuellen Medien zu verbuchen bzw. die BüchereibenutzerInnen in den Selbstverbuchungsfrust zu jagen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass sich bezüglich des Mediensicherungsaspekts nichts geändert hat. Mit einer Ausnahme: wenn in präelektronischen Sicherungszeiten jemand mit einem großen Buch oder mehreren Medien an der Ausleihetheke vorbei dem Ausgang zustrebte, dann musste er damit rechnen gefragt zu werden, ob die Medien schon verbucht seien. Solche Belästigung entfällt nunmehr, da davon auszugehen ist, dass das Sicherungsgate ungefragt eine Antwort gibt.
Bei unlauteren Absichten und bei minimalen Kenntnissen, die in wenigen Minuten ergoogelt werden können, bleibt aber auch das Gate stumm.
Womit die Chance steigt, dass gegenüber früher nunmehr eher umfangreichere Werke ihr Oneway-Ticket in die privaten Haushalte lösen und damit das Platzproblem in der Bücherei zwar nicht gelöst, aber deutlich entschärft werden kann.
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