Treffender als der Nudelwalker hätte man die Situation, der sich die gutwilligen BenutzerInnen der Büchereien mit der RFID-Selbstverbuchung gegenübersehen, gar nicht beschreiben können.
Sehr plastisch wird gezeigt, in welche scheinbar unhinterfragbare Alleingelassenheit jene gestoßen werden, die im Eingangsbereich noch glaubten, eine öffentliche Serviceleistung konsumieren zu können, sich aber plötzlich wie Herr K. einem Institut gegenüber befinden, das einem keine Antworten gibt, sondern demütigt. Bzw. durch das arrogante Herrschaftsschweigen – noch dazu in Gestalt eines Artefakts – die Missachtung erst so recht deutlich spüren läßt.
Diese Demütigung wird in der "Replik" noch mal herausgestrichen, welche als fiktive Antwort aus der Sicht der Institution zwar überzeichnet ist, aber ihrem ureigenen Wesen nach der Haltung entspricht, welche die "Inneren" den von außen Kommenden angedeihen lassen, egal ob diese Klienten, Kunden, Partner, Benutzer, User, Antragsteller, Asylanten, Patientengut, oder schlicht "Partei" genannt werden.
Natürlich betrifft dies nicht die Büchereien allein. Im Gegenteil, diese zählen vergleichsweise allemal noch zu jenen Einrichtungen, in denen sich die sie Benutzenden wohl noch am Wohlsten fühlen und mit VertreterInnen konfrontiert sind, die zumeist ehrliches Interesse und Engagement entgegenbringen. In den meisten anderen Schnittstellen zwischen Hoheit(sverwaltung) und BürgerIn geht es zumeist viel rauher zu.
Dahinter steckt kein böser Wille Einzelner, kein generelles Ungeschick in der Adaptierung von Serviceleistungen und auch kein Desinteresse am Recht des Citoyen zum Gebrauch der von ihm finanzierten Einrichtungen.
Denn zumeist erweisen sich alle in ihrem Einzelbereich überaus bemüht, ob EDV-Spezialisten, Wirtschaftsreferate, Personalisten oder
politische Entscheidungsträger.
Warum das oft so schief geht, läßt sich etwas platt und nicht hinlänglich damit erklären.
Bei diesen Überlegungen habe ich doch jetzt glatt auf den Nudelwalker und seine konkrete Verlassenheit vergessen, womit wir wieder beim Thema wären ...
Herr N. dürfte an eine jener Geräte geraten sein, die auch in unserer Zweigstelle in Betrieb sind, welche die BenutzerInnenkarten nur in einem bestimmten Winkel und mit bestimmtem Timing im Bewegungsablauf akzeptieren, also jene Geräte, die in jeder Hinsicht einfach Schrott sind. Dass die Logik der Interaktivität zwischen Mensch und Maschine darin besteht, dass nach jedem Teilschritt eine Eingabe der UserIn erfolgen sollte, damit diese den Überblick behält und nicht wie hier das Gerät kommentarlos in die Ausgangsstellung zurückfällt, wenn mensch ein wenig zu langsam ist, war mir – Schande für die Betriebsblindheit – auch nicht klar, obwohl das eigentlich selbstverständlich sein sollte. [Wie beim Bankomaten: Zuerst Zahlungsart wählen, erst wenn dieser Knopf gedrückt ist, kann der Code eingegeben werden, und erst dann Geldbetrag wählen und Bankomatkarte muss zuerst entnommen werden, ehe das Geld rauskommt. Damit wissen die BenutzerInnen jederzeit, in welchem Stadium des Prozesses sie sich befinden].
Ebenfalls habe ich nicht wahrgenommen, dass es wenig nützt, wenn Pfeile auf dem Informationsschirm verzeichnet sind, aber das erst von den BenutzerInnen fürs First Life übersetzt werden muss. Diese Pfeile dorthin zu machen, wie es Nudelwalker vorschlägt, scheint einfach zu einfach zu sein ...
In der kleineren Zweigstelle ist es natürlich eher möglich, den BenutzerInnen zu Hilfe zu kommen, doch dennoch bleiben Demütigungen nicht aus, weil die meisten BenutzerInnen meinen, dass sie selber etwas falsch gemacht haben; ebenso wie es ihnen peinlich ist, wenn ein Fehlalarm losgeht, wenn sie durchs Gate gehen, statt zu Recht empört zu sein.
Die häufigsten Ursachen des Scheiterns:
- CDs werden nicht erkannt, weder in der Hülle, noch wenn die BenutzerInnen sie herausnehmen und die Scheibe(n) direkt auflegen
- Die wenigen Medienpakete, die in dieser Zweigstelle noch existieren, verweigern zumeist ebenfalls das Einlesen
- Es werden nicht alle Medien verbucht, dass ein Teil fehlt, wird erst beim Durchschreiten des Gates ruchbar
- Recht häufig bricht der Einleseprozess ab, die BenutzerInnen versuchen es noch einmal, die Meldung erscheint, dass die Medien bereits verbucht seien, das Gate ist anderer Meinung, denn die Entsicherung hat nicht funktioniert.
Diese und andere Fehlleistungen kommen auch an der Theke vor, doch durch die erworbene Routine sind die BibliothekarInnen meist in der Lage, schnell zu erkennen, woran es hapert, z.B. liest die Pad-Antenne bestimmte Medien nur an der linken unteren Kante ein oder andere müssen unter dem Tisch direkt an der fix angebrachten Antenne hin und her geschwenkt werden. Die Handantenne liebt wiederrum runde, regelmäßige Bewegungen, um sich zu Höchstleistungen anspornen zu lassen...
Es ist natürlich nicht so, dass immer und dauernd irgendwas nicht funktioniert. Doch es kommt auch nach 1 Jahr viel zu häufig vor, als dass man von vernachlässigbaren Größenordnungen reden kann. Gar nicht zu reden, dass die Kluft zwischen der durch Produzenten und Auftraggebern erzeugte Erwartungshaltung und dem kläglichen Ergebnis unakzeptabel hoch ist.
An der Umstellung der nächsten Zweigstelle auf RFID-Verbuchung wird bereits gearbeitet.
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