Unzulängliche Wahlsabotage und 2 Verbesserungsvorschläge

Der Wien-Blog hat aus welchen Gründen auch immer einige Tipps zur Sabotage der Wahlhandlung präsentiert. Da ich das Vergnügen habe, wie schon ziemlich oft so auch diesmal in einer Wahlkommission zu sitzen, würde ich sagen, dass mit einer Ausnahme - dem Streuen von Nervengift - keine einzige der Aktionen geeignet ist, den Wahlprozess in einem Sprengel dauerhaft zu stören. Das meiste wäre in wenigen Minuten erledigt. Im Folgenden Kommentare zu den einzelnen Vorschlägen. Und anschließend zwei eigene, effektivere.

a) kuli-mine mitnehmen
?
b) das pult mit klebstoff beschmieren
Würde der Nächste melden und, da der Wahlkommission ja noch bekannt ist, wer vorher drinnen war, würde Anzeige wegen Sachbeschädigung und wegen Wahlbeeinträchtigungsversuch erfolgen. Falls wie in e) der Täter die Tat meldet, fällt das mit der Anzeige wohl weg bzw. würde sich als wirkungslos erweisen.
Falls Klebstoff nicht abgedeckt werden könnte, würde Wahlzelle deaktiviert werden bis Ersatz kommt. Da aber in jedem Wahllokal mehrere Wahlzellen stehen, würde es kaum zu einer merkbaren Beeinträchtigung des Wahlvorgangs kommen.
c) graffiti anbringen
wie b)
d) pornofotos auflegen
würde der Nächste melden und die Fotos würden entfernt werden und eventuell für Kurzweil der Wahlkommission für die restliche Wahlzeit sorgen.
e) hakenkreuze aufmalen und melden
wie b)
f) ameisen freilassen
Wie viele?
g) sehhilfe verlangen
hat jede Wahlkommission (Schablonen); es kann auch Vertrauensperson in Wahlzelle mitgenommen werden, die einem hilft.
h) nervengift streuen
Würde Wahlhandlung tatsächlich unterbrechen und der Streuer, der bei so einer Aktion vermutlich relativ leicht eruiert werden könnte, tät für einige Zeit hinter Gitter wandern
i) zweiten wahlzettel einschmuggeln und rabiat protestieren. “dieses wahllokal muss sofort geschlossen werden!”
Da muss man erst an einen zweiten Wahlzettel herankommen. Falls ja, wird einem der zweite Wahlzettel abgenommen werden, der Vorfall würde im Protokoll vermerkt werden und bei fortgesetzt rabiatem Verhalten die Polizei mit Kennwort "Wahl08" verständigt werden. Wo ist das Problem?
j) unabhängige wahlbeobachter der UN verlangen
Derjenige würde an die Bezirkswahlkommission verwiesen werden. Ansonsten wie i)
k) behaupten, der ausweis sei nicht zurückerstattet worden
Wenn die Wahlkommission meint, dass doch, dann kann er sich wie bei j) zur Bezirkswahlkommission begeben
l) auf farbepolster für persönlichen fingerabdruck bestehen
wie j)
m) pässe der wahlkommission verlangen
wie j)
n) wegen manipulativer blicke polizeischutz verlangen
wie j) bzw. den kann er schnell haben :-)
o) die anwesenheit von bösen geistern behaupten
Wird an die amerikan. Vizepräsidentschaftskandidatin verwiesen :-)
p) behaupten, dass der wahlzettel unvollständig ist
wie j)
r) sich als analphabet ausgeben
und?
s) viele schmierzettel für probekreuze verlangen
wie j)
t) verlangen, dass gusenbauer kanzler wird
wie o) und j) :-)
u) beim weggehen fehler eingestehen und wahlzettel zurückverlangen
wie j)
v) ausführliche rechtsbelehrung durch juristen verlangen
wie j)
w) höflich um die mobilnummer von bgm. häupl bitten
wie j)
xyz) wahlzettel und kuvert verschlucken
wird ins Protokoll aufgenommen

Wirksamer sind vielleicht Aktionen wie diese (allerdings gehören dazu mehr Aktivisten):
1) Knapp vor Wahlschluss Wahlurne nehmen und damit davonrennen. Der Ordner sollte allerdings von jemand Zweiten abgelenkt werden. Wurde bei der "Volkszählung der besonderen Art", der österreichweiten Minderheitenfeststellung in den 70ern, angewandt.

2) Präpariertes Plättchen in Wahlkuvert geben, das sich nach einiger Zeit selbst entzünden. Wurde damals diskutiert; ich glaube aber nicht, dass es auch umgesetzt wurde
Offen gestanden weiß ich aber nicht, wozu Wahlen gestört werden sollten. Bei jener Minderheitenfeststellung war die ganze Aktion ein undemokratischer Akt und wurde zurecht torpediert und letztendlich waren die Ergebnisse unbrauchbar (z.B. kreuzten damals sehr viele Nicht-Slowenen aus Solidarität "slowenisch" an; ich glaube, Wien hatte danach mehr Slowenen als Kärnten).
Aber ich ziehe ein Land, in dem es Wahlen gibt, immer noch einem vor, in dem es das nicht gibt. Nicht nur wegen des damit zu verdienenden Zubrots für arme Gemeindebedienstete :-)
Wer - zurecht - kritisiert, dass die repräsentative Parteiendemokratie und der Parlamentarismus nicht optimal funktionieren und meint, dass Wahlen, wenn sie was verändern würden, längst verboten wären, kann seinen Protest anders und zielgerichteter deutlich machen. Und einfallsreicher :-)





Hedonistin - 2008.09.27, 16:41

Gift zu streuen könnte zumindest von naturentfremdeten MenschInnen als gute Tat gewertet werden, sollte es doch listenkonform nach dem Freisetzen der Ameisen erfolgen. Da RichterInnen nicht unbedingt immer als naturnah gelten dürfen - wie Urteile belegen, die Hähnen das Krähen und Fröschen das Quaken verbieten - würde der/die GiftstreuerIn also evt nicht hinter Gittern landen, sondern eine Belobigung erfahren. Wie allerdings die Ameisen dazu kommen, steht auf einem anderen Blatt. Deren Staatswesen funktionen ja gemeinhin prächtig.

haftgrund - 2008.09.29, 01:54

Gelebte Sabotage

Dass der Einsatz von Nervengift als hilfreich und gut gegenüber der Wahlkommission und als Abwehr der frei gelassenen Ameisen gedacht sein könnte, habe ich in meiner engen Weltsicht wieder mal nicht mitgekriegt! :-)
Danke für den Hinweis!
An Sabotageakten bei der heutigen Wahl gab es in meinem Sprengel nur das Wählen von Wahlkartenbesitzern, ohne dass diese ihre Wahlkarte abgeben mussten, weil von den Beisitzern der Vermerk im Wählerverzeichnis übersehen wurde, womit diese Wähler theoretisch zwei Mal ihre Stimme abgeben könnten, weiteres einen ÖVP-Beisitzer, der partout sein krachendes Kofferradio immer wieder aufdrehen wollte, und der, nachdem ein Afroösterreicher gewählt hatte, lauthals in Richtung SPÖ rief: Ihr habts do amal an Neger ghabt, was ist aus dem denn wurden? Nach betroffenem Schrecksekungenschweigen der Angesprochenenwiederholte der Schwarze: kommt der nimmer der Neger?
Man sagt Afroösterreicher oder Schwarzer, sagte die eine Rote.
Aber geh, sagte der Schwarze, die sagen dort drüben doch selber Nigger!
Das sei aber eine Beschimpfung, kam noch ein Versuch der Erklärung.
A wos, heut darf man ja gar nichts mehr sagen, alles schreibens uns von Amerika aus vor, wie mit dem Rauchen, das ist doch absurd, ich habe nie viel graucht, aber unterm Hitler in der Gefangenschaft angefangen zu rauchen, russische Machorka, da hats dann keine Prawda mehr zum Lesen gegeben.
Dann widmete er sich wieder der Tierrechtspartei, was er auch absurd fand, den dann sei das Schlachten von Schweinen und Rindern, das sei doch lächerlich, soll man Rinde von den Bäumen essen oder Gras? Er sei ja kein Tierquäler, aber alles verbieten! Das sei der übersteigerte Kapitalismus...

Mit derlei Kurzweil vergingen die 10 Stunden ziemlich hui :-)

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