Kehlmanns Vermessenheit

    Der schmale Umfang hat mich schon irritiert: was kann in den paar Seiten zu diesem nicht ungewichtigen Thema schon drinnen sein? Die Lobpreisungen und die Verkaufszahlen irritierten anders rum: vielleicht schreibt er sehr exakt Wort für Wort. Doch sein erster Roman hatte bewiesen, dass er nicht im Universum der Hammetts, Serners, Parkers, Borges zu Hause ist. Der war eher geschwätzig und altklug gewesen. Kein Grund, weiteres von ihm zu lesen. Und nun dieser Bestseller. Die ersten Seiten lesen sich flott, wie gute Gebrauchsliteratur, einfach und zielführend, wenn auch sehr gefällig. Zu gefällig für einen guten Schundler. Nach und nach seine Bemühtheit beim Zettelkasten Auswerten zeigend. Der Einfachheit halber die indirekte Rede nicht verlassend. Ein bißchen Fiktion und Nachgelesenes mischend. Mit dem Beifall heischenden verschmitzen Lächeln des jungen Frechen: Seht, was bin ich keck! Gegen Ende immer fader und belangloser werdend. Ein gutes Thema elendiglich verhunzt habend.
    Irgendwo habe ich von jemanden gelesen, der einem Literaten, der mit einem großen Thema leichtfertig umgeht, alles mögliche Fürchterliche an den Hals wünscht.
    Das tu ich auch, dem Daniel Kehlmann und seiner ärgerlichen Vermessung der Welt.
    Ich glaube nicht, dass er besser wird.

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