nicht zu viel zu regieren


(Grundlegender Wandel in den Verhältnissen zwischen dem Recht und der Regierungspraxis um die Mitte des 18. Jhdts)
Das ganze Problem der kritischen gouvernementalen Vernunft wird sich um die Frage drehen, wie man es anstellt, nicht zu viel zu regieren. Man wendet sich nicht mehr gegen den Mißbrauch der Souveränität, sondern gegen ein Übermaß an Regierungstätigkeit oder zumindest an der Bestimmung dessen, was für eine Regierung ein Übermaß wäre, wird man die Rationalität der Regierungspraxis messen können.(29)

Die politische Ökonomie ist, glaube ich, im Grunde das, was die Selbstbegrenzung der gouvernementalen Vernunft zu sichern ermöglicht hat.(30)

Und das größte Übel einer Regierung, das, was sie zu einer schlechten macht, besteht nicht darin, daß der Fürst schlecht ist, sondern daß er unwissend ist. Kurz, über den Umweg der politischen Ökonomie gehen in die Regierungskunst gleichzeitig erstens die Möglichkeit der Selbstbegrenzung ein, d.h., daß das Regierungshandeln sich selbst in Abhängigkeit von der Natur seiner eigenen Handlungen und seiner Gegenstände begrenzt, und zweitens die Frage nach der Wahrheit.
Die Möglichkeit der Begrenzung und die Frage nach der Wahrheit, diese beiden Dinge werden in die gouvernementale Vernunft über den Umweg der politischen Ökonomie eingeführt.(35)

Mit der politischen Ökonomie treten wir also in ein Zeitalter ein, dessen Prinzip folgendes sein könnte: Eine Regierung weiß nie genug, so daß sie Gefahr läuft, stets zuviel zu regieren, oder auch: Eine Regierung weiß nie gut genug, wie man gerade ausreichend regieren soll. (36)

Wenn ich von einer Herrschaft der Wahrheit spreche, meine ich nicht, daß diePolitik oder die Regierungskunst, wenn Sie so wollen, zu jener Zeit rational wird. Ich meine nicht, daß man in jenem Augenblick eine Art von Erkenntnisschwelle erreicht, von der ab die Regierungskunst wissenschaftlich werden könnte. Ich meine, daß dieser Moment, den ich gegenwärtig zu bestimmen versuche, daß dieser Moment durch die Bildung eines bestimmten Diskurstyps über eine Reihe von Praktiken gekennzeichnet ist, der ihn einerseits als eine Gesamtheit konstituiert,... und andererseits auf diese Praktiken in Begriffen des Wahren und Falschen gesetzgebend wirkt und gesetzgebend wirken kann. (36f)
Michel Foucault, Geschichte der Gouvernementalität II. Vorlesung 1.


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