Nachhilfe für österreichische Justiz

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat nunmehr das von österreichischen Gerichten letztinstanzlich ergangene Urteil, welches der extrem rechten Zeitschrift ZurZeit erlaubte, den Journalisten Karl Pfeifer einer tödlich ausgegangenen Menschenhatz zu bezichtigen, als Fehlurteil klassifiziert und dem Journalisten eine Entschädigung durch die Republik Österreich zugesprochen.

Die Vorgeschichte ist bitter und grotesk: Karl Pfeifer wies nach, dass der Politologe Karl Pfeifenberger in einem Beitrag zum FPÖ-Jahrbuch sich in Inhalt und Form einer nazistischen Schreibweise bedient hatte. Daraufhin wurde die Öffentlichkeit auf das Wirken des als Universitätsprofessor Tätigen aufmerksam und es wurde bekannt, dass seine Nazitöne im Jahrbuch kein Einzelfall gewesen sind. Jedenfalls bekam er nach einigem hin und her eine Stelle, an der er nur noch forschen und nicht mehr lehren durfte. Außerdem wurde die Justiz - in Deutschland, wo der Professor lebte - aktiv und klagte ihn der Wiederbetätigung an. Kurz vor der Verhandlung starb er bei einem Bergunfall, der möglicherweise in selbstmörderischer Absicht herbeigeführt worden war.

Daraufhin beschuldigte ZurZeit, welche vom recht extremen Europa-Abgeordneten Mölzer herausgegeben wird, den Journalisten Karl Pfeifer, durch eine Menschenhatz den Politologen in den Selbstmord getrieben zu haben. Pfeifer klagte die Zeitschrift, bekam in erster Instanz recht, verlor aber in zweiter Instanz, zu einem Zeitpunkt, als die österreichische Justiz unter dem FPÖ-Justizminister (und vormaligen Anwalt Haiders) Böhmdorfer .... diente.

Was Rechtsextreme natürlich veranlasste, bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf den "jüdischen Menschenhetzer, der aufrechte Menschen in den Tod treibt" hinzuweisen.

Damit ist jetzt Schluss.

Wenn man aber bedenkt, welchen Aufwands an Kosten, Nerven und welcher Zähigkeit es bedurfte, um eine offenkundig wahrheitswidrige Beflegelung durch das rechte Pack abstellen zu können, wäre eine Überprüfung der Rechtssprechung auf Schlampigkeit und Einäugigkeit der österreichischen Behörden, wie es Karl Pfeifer nun anregt, hoch an der Zeit.
Andererseits, was ist von einer Politik zu halten, die jetzt gerade einen Asylgerichtshof installierte und dabei gleich die Möglichkeit gekappt hat, gegen eine Entscheidung dieses Gerichtshofs beim Verwaltungsgerichtshof zu berufen. Da beruhigt es auch nicht wirklich, dass die Justizministerin nun gegen diese Regelung Bedenken äußert - nachdem sie im Ministerrat dafür gestimmt hat.

Links zur Geschichte der Urteile:

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