Heisenberg u.a.

Bei der Beschäftigung mit den Rechten bin ich zu meiner Überraschung auch auf Heisenberg gestoßen, der nach dem Krieg mit Jünger und Heidegger von Jüngeradepten zu einer Art rechtsintellektuellem Dreibund zusammengeführt werden sollte, was aber über einige öffentliche Treffen nicht weiter hinausging.
Von Heisenberg war mir durch die ihn betreffenden biographischen Schriften der Eindruck vermittelt worden, es handle sich bei ihm und den anderen Physikern des Atombombenprojekts in Deutschland um jenen Typus von Nazigegnern, die auf fast schwejksche Art verhinderten, dass den Nazis der Bau einer Atombombe gelinge. Sowohl Paul Lawrence Roses "Heisenberg und das Atombombenprojekt der Nazis", dessen Buch wegen vieler Ungenauigkeiten und einem zweifelhaften kulturphilosophischen Ansatz zurecht kritisiert wurde, in vielen Punkten aber zuzustimmen ist, als auch John Cornwells "Forschen für den Führer. Deutsche Naturwissenschaftler und der Zweite Weltkrieg" lassen da einige Zweifel aufkommen.
Demnach war Heisenberg ein weitgehend opportunistischer Karrierist, dem es auch nach dem Krieg nicht einfiel, seine Verhaltensweisen im Nationalsozialismus einer kritischen Analyse zu unterziehen.

Ein Beispiel, wie Naziargumentation auch nach der Nazizeit (in diesem Fall auch bei mir) wirkt, ist die oft zitierte Formulierung, dass Einstein zwar die Relativitätstheorie als erster entdeckt habe, aber im Grunde nur der Letzte einer Reihe anderer bedeutender Physiker wäre, die alle schon nahe an der Lösung gearbeitet hätten.
Dass diese Formulierung eine Kompromissformel war, um die neue Physik durch das Herunterspielen des (jüdischen) Anteils Einsteins gegen die Naziphysik zu behaupten und damit den Heisenbergs et al die von den jüdischen Wissenschaftlern hinterlassenen Lehrstühle zu sichern, ist mir jetzt erst bewusst worden.

Da in den zwei genannten Bücheren immer wieder auf die Farm-Hall-Protokolle Bezug genommen wird, habe ich diese in der Ausgabe von Dieter Hoffmann "Operation Epsilon. Die Farm-Hall-Protokolle oder Die Angst der Alliierten vor der deutschen Atombombe" nachgelesen. Diese von den Briten abgehörten und mitgeschnittenen Gespräche der deutschen Physiker während ihrer 6monatigen Internierung unmittelbar nach dem Krieg vermitteln einen einzigartigen Einblick in das Denken und Fühlen - und in die Arroganz - dieser Elite-Gruppe aus dem Nazireich.

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