Rechtsextreme überfallen Kulturverein

Wie Die Jüdische, Duftender Doppelpunkt, Standard und Presse, no-rasicm.net, indymedia, dieanderezeitung  berichten, ist vorige Woche der Kulturverein W23, der auch die "Bibliothek von unten" beherbigt, von Neonazis überfallen worden.

In einer bemerkenswerten Stellungnahme in den Mailinglisten L-kribibi und Bibmail stellt der Koordinator der "Kritischen Bibliothekarinnen und Bibliothekare", Heimo Gruber, diesen Vorfall in einen größeren Zusammenhang, der auch für unsere Büchereiarbeit von großer Relevanz ist:

Die Nachricht vom Überfall einer Gruppe von zehn Neonazis auf den Kulturverein W 23, der auch "die bibliothek - von unten" beherbergt, hat mich empört: Nicht nur die Gewalttat, sondern auch die üblichen Verharmlosungen der Polizei, die in einer ersten Stellungnahme die vermummten "Täter bisher keiner Gruppe zuordenbar" sieht.
In einem politischen Klima, in dem von 28,24 % der WählerInnen zwei Parteien gewählt wurden, die (selten in Österreich, aber durchgängig im restlichen Europa) als rechtsextrem bewertet werden und in dem ein Mann zum dritten Präsidenten des Nationalrats bestellt wurde, dessen Burschenschaft regelmäßig mit dem Verbotsgesetz und dem Wiederbetätigungsparagraphen in Konflikt kommt, fühlen sich solche Terroristen ermutigt.
Allein das auszusprechen, wird einem von einer wohlmeinenden und selbst über jeden Verdacht erhabenen Umgebung immer wieder als "unangemessene Dramatisierung" ausgelegt.
Auch wir Bibliothekarinnen und Bibliothekare sind Teil dieser Gesellschaft. Unser wohlsortierter Buchbestand und ein spezielles Publikum an BenutzerInnen nähren mitunter Illusionen, sich zumindestens in einer "heilen" Arbeitswelt zu befinden. Auch unter uns gibt es unterschiedliche Meinungen darüber, wo die Grenzen der Toleranz zu ziehen sind.
Während die einen zum Beispiel in der Verbannung von Autoren wie David Irving aus den Regalen einen Akt demokratiepolitischer Selbstverständlichkeit, bzw. Notwendigkeit sehen, erkennen andere darin einen ersten Schritt zur "Zensur".
Als Koordinator des Arbeitskreises kritischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare im Renner-Institut KRIBIBI möchte ich den Kolleginnen und Kollegen von "die bibliothek - von unten" Solidarität und Anteilnahme ausdrücken.
Ich werde in unserem Arbeitskreis vorschlagen, dass das kommende Frühjahrsseminar (15.-17.Mai 2009) von KRIBIBI einen entsprechenden thematischen Schwerpunkt setzen wird, der sich der notwendigen Auseinandersetzung mit jenen Tendenzen widmet, die sich meistens in "gemütlicherem" Gewand als durch gewalttätige Exzesse bemerkbar machen, deswegen aber nicht weniger gefährlich sind.
Heimo Gruber


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