Naturgemäß nur in eigener Aktivität



und wieder ein naturgemäß frei erfundenes Mailolett:
"dieses Jahr beginnt mit einer vehementen Rasanz an Andrang und Nachfrage, sodass wir in allen Bereichen an unsere Grenzen vorgedrungen sind (nicht zuletzt durch einige Ausfälle)."

"Herzlichen Dank an alle MitarbeiterInnen an dieser Stelle für den permanenten Dienst am Kunden, für den Einsatz und das fabelhafte Know-How!!!"

"Nebenbei sind die Kisten laufend knapp, da wir in Rückgaben und Ringleihe fast untergehen, auch hier ist jede Hilfestellung willkommen"

"heute sind es schon soviele Bücherwagen, daß wir nicht mehr wissen wohin damit. Bitte dringend abräumen."

"Die Kollegen aus dem Sortierraum sind mit den Rückgaben aus der Bücherei voll ausgelastet."

"es sind nicht die fehelenden [sic!] Kisten, es ist die Menge der Medien, die retourniert werden. Mit meinen wenigen, fleissigen Mitarbeitern ist das nur langsam abbaubar"

"dieser Riesenandrang hat auch verursacht, dass im Eingangsbereich ein massiver Rückstau an Einstellmengen (in Form dutzender uneingestellter Bücherwagen) vorhanden ist!"

"Zudem stapeln sich die Kisten der Ringleihe zwischen den Liften, Viele Bücherwagen stehen bis zum Büro und die meisten Kisten können nicht ausgeräumt werden, weil die dementsprechenden Kisten für die Ringleihe fehlen."

"Ich ersuche in diesem Zusammenhang um Hilfestellung von Seiten der Leitung der Büchereien, um dieses Nadelöhr beheben zu können."

Eine so kurzfristige Hilfestellung kann

naturgemäß

nur in eigener Aktivität liegen;
ich ersuche daher diejenigen zentralen
MitarbeiterInnen - die derzeit allerdings
auch gar nicht viele sind - nach
Maßgabe ihrer Möglichkeiten am Vormittag
beizustehen.  Ich

werde das auch tun.

Als p.s. eine vermutlich unnötige Anmerkung, die doch gemacht werden soll:

naturgemäß

sind sämtliche sonstigen anwesenden Mitarbeiter angewiesen, sich der Hilfsaktion anschließen.


"herzlichen Dank für die solidarische Hilfe!!
Ich denke, ich habe seit der Eröffnung noch nie einen derart starken Andrang zu Jahreswechsel erlebt."


"Ein Problem, das offen bleibt, sind die fehlenden Ringleihekisten, ohne diese können wir den Rückstau in der Ringleihe nicht abarbeiten."

Zustrom zur Lust- und Genussbibliothek

Wie Library Mistress in: "Noch vier Wochen..." schreibt, freut sie sich bereits auf ihren neuen Job in der Wien-Bibliothek. Die von ihr aufgezählten Attraktionen dieser Bibliothek lassen vermuten, dass dort ein recht sinnliches Arbeitsklima herrscht :-)

Überhaupt scheint die Wien-Bibliothek, um den Fußballerjargon, der gerade Wien angesichts der geplanten Fußballeuropameisterschaft nachgerade überschwemmt, zu verwenden, derzeit ihre Mannschaft zu verstärken: nach dem ehemaligen Leiter der Büchereien Wien und dem Personalchef der selben Institution findet nun ein Transfer aus Eisenstadt statt.

Wienbibliothek hat also eine starke Saison vor sich :-)

3. September 1923 - 27. Dezember 2007



Ach Mutter mach die Fenster zu
Ich glaub es kommt ein Regen
Da drüben steht die Wolkenwand
Die will sich auf uns legen





Wolf Biermann










Gegen den Überwachungsstaat

Fassungslos war die Polizei, als sie vor einigen Jahren feststellen musste, dass die Grazer Bibliothek von den LeserInnen nicht speicherte, was diese lasen. Unwirsch sei die Polizei gegenüber dem Bibliothekspersonal geworden, hörte man damals.

Denn die Möglichkeit zur Überwachung zu haben und sie nicht zu nutzen, sowas geht selten in ein Polizistenhirn rein. In das eines Landgendarmen auch nicht. Doch was schert den Abschiebe-Platter das Gelesene, er will gleich ans Eingemachte. Wie Diebe in der Nacht schmuggelten der Gendarm und seine Spießgesellen von der SPÖ die Tools für die Verwanzung der Republik und zur Befriedigung der Allmachtsphantasien der Exekutive an den demokratischen Kontrollmechanismen vorbei zur Schnellabstimmung.

Wann, wenn nicht jetzt ist Widerstand gegen den Überwachungsstaat angesagt! Mit der

Petition zur Behandlung des Sicherheitspolizeigesetzes im Innenausschuss des Nationalrats

fängt es an. Innerhalb weniger Tage haben über 14.000 online unterschrieben.



Ver.di fordert Bibliotheksgesetz


Im IBI-Weblog gefunden:
Die Arbeitsgruppe
Archive, Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen
ist eine ständige Einrichtung des

Fachbereiches Bildung, Wissenschaft und Forschung der Gewerkschaft ver.di;

entsprechende Arbeitsgruppen gibt es teilweise auch auf der
Ebene der Landesbezirke, als auch in größeren Zentren.

Alle fachspezifischen Interessen von Beschäftigten aus diesem Bereich sollen durch die Arbeitsgruppe behandelt werden und sowohl in die allgemeine gewerkschaftliche Arbeit von ver.di eingebracht werden, also auch im spezifischen Bereich umgesetzt werden.

Die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe spiegelt sowohl das Spektrum
der Landesbezirke, als auch die große Vielfalt der Dienststellen
wieder. Die interne Arbeit erfolgt nach dem Konsensprinzip;
außenwirksame Handlungen bedürfen der Zustimmung durch den
Bundesfachbereichsvorstand.

Was will ver.di?

Damit Archive, Bibliotheken und Dokumenationseinrichtungen auch
künftig ihre Aufgaben unter veränderten Rahmenbedingungen erfüllen
können, fordern wir:

  • bundeseinheitliche Rahmengesetzgebung mit Mindeststandards

  • bessere Aus-, Fort- und Weiterbildung

    Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten müssen umfassend finanziert, mit
    ausreichender Unterrichtskapazität versehen sein und auch Beschäftigte
    in strukturschwachen Regionen erreichen.

  • angemessene Arbeitszeitregelungen

    Wir sprechen uns für großzügige Öffnungszeiten bei entsprechender
    Ausstattung mit Fachpersonal (z. B. Umgang mit Erweiterung der
    Öffnungszeiten an Wochenenden und Abenden) aus, d. h. für
    kundenfreundliche Bibliotheken, die sich an den Bedürfnissen der
    Besucherinnen und Besucher sowie der Beschäftigten orientieren. Dabei
    muss der tatsächliche Bedarf an Sonn- und Feiertagen erhoben und in
    Einklang mit den Bedürfnissen der Beschäftigten gebracht werden.

  • neue Qualifikationsanforderungen - entsprechende Eingruppierungen

    Durch den Einsatz moderner Technologien sind
    Qualifikationsanforderungen gestiegen und Aufgaben sowie Arbeitsweisen komplexer geworden. Bei den Eingruppierungsverhandlungen zum TVöD bringen wir uns ein, damit die Eingruppierung der Beschäftigten den veränderten Arbeitsplatzanforderungen und Tätigkeiten entspricht.

Text: Peter Mitnacht


"Erfolgsweg weiter verfestigen"

An der Wende zu allem Möglichen wieder ein bißchen Büchereien-DADA.
Aus einer Mail an die Belegschaft einer großen Bücherei:

  • Arbeitsjahr, Strukturen, Kennzahlen, wenig Zeit

  • Defizite,  Gutes getan, unsystematisch,

  • kongruente Konzept, neue Akzente, europäische Spitzenbibliothek,

  • keine Nabelschau, kolossalen Schub, Erfolgsweg weiter verfestigen.

  • Selbstbedienung, Zufriedenheit, Schwachpunkte

  • schwere Stück, richtigerweise Erhöhungen, selbst steuern, niederschwellig

  • sind gut, noch besser zu werden, nicht zum Selbstzweck

  • Jeder und jede von uns  trägt, Teil des Ganzen, bin ich stolz.

  • Ein großes Dankeschön, gemeinsame Werk.

  • Betriebskultur, "Miteinander", "Gemeinsame",

  • gemeinsame Werk, bedanke dafür

  • dann wieder mit voller Kraft.

Brüchiges Schiff

Ein halbe Jahr ist fast vergangen, und die Leitung der Wiener Büchereien ist noch immer nicht nachbesetzt worden. Die Bewerbungsfrist ist schon längst abgelaufen, Hearings haben aber noch keine stattgefunden, es gibt auch keine Informationen, wann eine Entscheidung fallen soll.
Aus dem Rathaus ist zu hören, dass die zuständige Stadträtin einen längeren Urlaub plant.

Nun hat der Nächste das Handtuch geworfen: Auch der Personalchef der Büchereien verläßt die Büchereien. kopflos
Auch hier ist die Frage der Nachfolge von einiger Brisanz. Denn für den Umgang mit 300 IndividualistInnen braucht es einiges an Improvisationsvermögen und an Sensibilität. Diese Fähigkeit und sein menschlicher Umgang auch in schwierigen Situationen war sicher mit ein Grund, dass der Druck von oben auf den Personalchef mehr und mehr verstärkt wurde. Denn solche Eigenschaften sind im modernen Personalmanagement gaga.
Dass der Betrieb aber gerade wegen seines den heutigen Konventionen nicht mehr entsprechenden Stils funktioniert hat, zählt nicht.
Er war übrigens der erste Personalchef, der bei Personalmangel einfach selber in die Zweigstellen gefahren ist und die Vertretung übernommen hat.

Es wird nicht leichter werden, das neue Jahr wird für die Büchereien grau beginnen.

Jüngers Selbststilisierungen

Habe S. die ersten zwei Bände der "Strahlungen" geschickt. Hier sein schöner und zutreffender Kommentar nach dem ersten Band:
Nicht nur die allgemeine Lebens- und Menschenbeobachtungen sind es, die faszinieren, auch die Details der Naturbeschreibungen und natürlich auch der Insektensammlerwahnsinns des Autors, der selbst im Kriegseinsatz noch immer irgendwo einen unbekannten Rüsselkäfer findet und dies manchmal sogar fast wie ein Geschenk des Himmels begreift.
Jünger stilisiert alles. Und das kann manchmal auch zu viel sein. Irgendwo schreibt er, daß ihm bei der Lektüre von Fontane der Gedanke kam, "dass eine starke Erzählerkraft den Autor leicht schädigt, da in ihrem schnellen Strome das feine Geistesplankton nicht gedeiht". Und irgendwie trift das, glaub ich, in einer allgemeineren Form auch auf ihn selbst zu. Die Stilsicherheit im Ausdruck, seine gebildete Ästhetik verführen dazu, allem eine Form zu geben. Auch dort wo Unausgegorenes besser unausgegoren geblieben wäre. Die Folge ist eine Stilisierung auch des eigenen Lebens zur elitär-ästhetischen Existenz. Das hat er vermutlich zur Lebensbewältigung gebraucht. Das macht ihn aber manchmal auch unausstehlich. Und hat vermutlich in der Rezeptionsgeschichte zu dem Jünger-Bild geführt, das man hat, wenn man sich nicht oder nur sehr selektiv mit seinem Schriften beschäftigt.

Tag-Asyl-Bücherei versus Bücherei-Bücherei


Da der Standard relativ früh seine Artikel in ein kostenpflichtiges Archiv versenkt, hier eine Auswahl an Onlinekommentaren zum Artikel "Tag-Asyl", der sich mit der auch sozialen Funktion der Wiener Hauptbücherei auseinandersetzt.

Traurig, aber es stimmt. ich bin selber oft dort, man sollte vielleicht noch mehr Angebote mit liberalen arabischen und serbokroatischen Tageszeitungen anbieten und auch Bücher in diesen Sprachen. Die Obachlosen in Wien sind besonders tragisch, wieso kann man dieses Problem nicht endlich lösen? Die Bibliothek am Gürtel ist übrigens wirklich toll, es gibt sogar immer wieder interessante Hörbücher, Hörspiele und Filme.


Fuer mich klingt der Bericht eher danach, als ob es einen Bedarf fuer ein Imigrantenheim gibt, wo alle die zu Hause nicht koennen auch ein Platzerl finden. Von Buecherei kam da nicht viel durch. Aber was solls, solang sich alle wohlfuehlen, - heute muss Sozialhilfe scheinbar unter dem Decknamen "Buecherei" erfolgen, weils sonst nicht unterstuetzt wird..


büchereien bieten menschen zugang zu medien ... ... den sie sonst nicht haben - dass ist der hauptzweck zumindest der städtischen büchereien. der grossteil der besucherInnen in der hauptbücherein aber auch zum bsp. in der bücherei arkade meidling (bei der philadelphiabrücke) nutzt dort medien - leiht sie aus, nutzt das internet,...
seien wir froh, dass sich junge wienerInnen (und das sind alle jungen menschen, die in wien leben) mit wenig ressourcen diese orte und diese möglichkeiten für sich entdeckt haben und die büchereien ein treffpunkt für sie sind. hier sind kommen öffentliche mittel zielgerichtet zum einsatz.
die paar menschen, die dort ihren tag in wärme verbringen sind auch okay - schlimm wäre es, sie aus ihren letzten zufluchtsorten vor dem erfrieren zu vertreiben.


Ein sehr zutreffender Bericht. Eine Bücherei sollte nur eine Bücherei sein. Leider werden die Interessen derer, die sich der Bücher wegen in der Bücherei aufhalten kaum berücksichtigt. Für jemand der ein Buch sucht, wird der Besuch immer mehr zum Spießrutenlauf. Klar dass die Leser irgenwann mal aufgeben die Zustände zu kritisieren, wenn sie sehen, dass sich die Büchereileitung lieber selbst belügt, und glaubt die Leute würden zu Bücherinteressenten, wenn sie sich nur in der Nähe von Büchern aufhalten.


Ich war zwar erst zweimal dort. Habs aber nicht als"Spießrutenlauf" empfunden. Wenns so ist, dass viele Junge dort eine Art Freiraum haben, ist das nur zu begrüssen und zu fördern. Das kann auch nur für uns gut sein. Bücher kann man sich ja nach wie vor in den vielen Zweigstellen ausborgen. Und zwar alle Bücher die es auch in der Hauptbücherei gibt. Die Vorbestellungen dauern meistens nicht lange.


Viele geruchsintensive oder tratschende Leute, die am eigentlichen Zweck einer Bücherei wenig interessiert sind, und den begrenzten (Sitz)platz okkupieren.
Die Interessen von Leuten, die Bücher aussuchen und lesen wollen, lassen sich halt nicht mit den Interessen von Leuten die einen warmen Platz suchen, die tratschen, spielen oder gemeinsam Aufgaben machen wollen unter einen Hut bringen.


Ich sehe das auch als großen Erfolg, der mehr zur Integration beitragen kann, als so manch anderes Projekt!
Natürlich ist hier vieles an sich nicht OK und einiges sollte vielleicht nicht in einer Bücherei stattfinden, aber ich habe den Eindruck, dass genau das Zulassen dieser anderen Aktivitäten sowohl sozial als auch bildungspolitisch gut ist, jedenfalls mehr bringt als z.B. Sozialarbeiter auf die unterdrückten Mädchen loszulassen. Vielleicht nehmen diese ja das Gefühl der Freiheit mit und überwinden in der nächsten Generation die Ideologie der Aus- und Abgrenzung der Sekten, denen ihre Eltern angehören...
Attraktiv bleibt das ganze aber nur solange es "schön ist". Das dafür benötigte Geld wäre gut angelegt, denke ich.


Diese Bücherei kann man nur als vollen Erfolg anerkennen. Und gerade der Umstand, dass sich 15jährige Jugendliche auch darin tummeln, ist ja begrüßenswert. Na klar wird da auch gekudert, aber wer hat das nicht mit 15, oder? Da diese Interneträume offensichtlich jetzt getrennt worden sind (als ich das letzte Mal dort war, war das noch nicht der Fall), sehe ich darin kein großes Problem für den Büchereibetrieb oder die Lesezonen.
Endlich einmal ein tolles Projekt der Stadt Wien! Gratulation.


es sollte mehr solche orte in wien geben. gemütliche treffpunkte, kostenfrei für alle zugänglich und bildung in allerlei aufmachung in griffweite.


Der PC -Raum einer Bibliothek ist also eine Platz zum Kudern und Anbandeln, quasi Aufreisszone? Seltsames Verständniss über die Nutzung einer Bibliothek. Soll ja auch Leute geben die keinen Pc zu Hause haben und gerne einen dortigen PC zum Arbeiten (Recherche etwa) benutzen wollen. Sehr angenehme zwischen Jugendlichen in Partystimmung.Wie ist das mit den 4 für Frauen reservierten PC's. Gibt es da eine Schutzzone rundherum damit Belästiger abgehalten werden? Wenn ohnehin durchgegriffen wird wenn Frauen belästigt werden wozu dann seperate Frauen-Pc's?


Ich bin selbst Student und ziemlich oft auf der Bibliothek - jedoch nur um Bücher abzuholen bzw. sie zurück zu bringen. Zum lernen bevorzuge ich die Uni-Bibliotheken.
Mir wäre bisher jedoch nich nie aufgefallen, dass der Ausländeranteil 50% betragen würde. Es gibt zwar tatsächlich einige offensichtlich Obdachlose, die in einigen Sesseln dösen, aber ich denke, doch dass die Mehrheit der Menschen dort wegen der Medien (ob Bücher oder anderes) kommen.
...und sofern man bildungsferne Personen (ob nun aus dem In- oder Ausland) dazu bringt auch nur hin und wieder ein Buch oder eine Zeitung zu lesen, wurde eines der Ziele dieser Bibliothek erreicht.


warum denn gar so kitschig?
"…dösen sie vor sich hin: die zerfurchten Gesichter entspannt, eine Zeitung auf dem Schoß. Abschalten vom aufreibenden Leben auf der Straße."
beim lesen ist mir ein bisschen schlecht geworden.


bibliotheken sind sogar ganz definitiv sozialstationen .. stellt hier doch der staat oder die stadt dem volk wissen und raum zur verfügung ..
und gerade wenn von migranten hier zusätzlich zum chatten auch noch das lesen entdeckt wird .. ist dies doch etwas überaus positives .. alleine das junge frauen aus konservativ islamischen familien einen platz finden um sich treffen und austauschen zu können .. hilft der gesellschaft als ganzes ..


Solange sich das Publikum bibliotheksgerecht verhält und nicht wie in einem Jugendzentrum aufführt ist es auch kein Problem. Aber Bibliothekare sind keine Sozialarbeiter.

"all inclusive"

Hanusch-Krankenhaus, Wien

Bücher sind Waffen



Bei Kantorowicz im Deutschen Tagebuch eine Botschaft Franklin D. Roosevelts zum 10. Jahrestag der Bücherverbrennung in Deutschland gefunden. Könnte, trotz der zeitgebundenen Ausdrucksweise, sehr gut als Motto für biblothekarische Beufswahl dienen, jedenfalls war es für mich der Sinngehalt des letzten Satzes :
"Wir alle wissen, daß Bücher brennen - doch wir haben die bessere Kenntnis, daß Bücher nicht durch Feuer getötet werden können. Menschen sterben, aber Bücher sterben niemals. Kein Mensch und keine Gewalt kann die Erinenrung auslöschen. Kein Mensch und keine Gewalt kann den freien Gedanken für immer in ein Konzentrationslager einsperren. Kein Mensch und keine Gewalt kann die Bücher aus der Welt schaffen, die den ewigen Kampf der Menschheit gegen die Tyrannei zum Ausdruck bringen. Bücher sind Waffen; sie sind es auch in diesem Kriege. Aber es ist ein Teil ihrer Berufung, sie immerdar zu Waffen für die Freiheit der Menschheit zu machen (10.5.1943)

Hauptbücherei Wien - auch sozialer Treffpunkt

Dass auch große Büchereien eine soziale und vermittelnde Funktion wahrnehmen können, wird in diesem Artikel des Standards vom 14.12.07 gezeigt. Es hat sich erwiesen, dass die Wahl des Standortes (von Verslumung bedrohte Gürtelregion) sich konstitutiv für die Bibliotheksarbeit erwies und damit auch für sogenannte bildungsferne Schichten ein niedrigschwelliger Zugang möglich wurde. Was ohne die Bereitschaft der BibliothekarInnen, sich auch schwierigen und nervenanspannenden Situationen auszusetzen, nicht möglich wäre. Dass die Anerkennung dafür durch den Dienstgeber sich in Grenzen hält, eint diese Bediensteten mit ihren KollegInnen der Zweigstellen, siehe >>>


Tagasyl Bücherei

An die 3.500 Menschen besuchen täglich die Wiener Hauptbücherei - Dass der Migrantenanteil gefühlte 50 Prozent beträgt, liegt nicht allein an der geografischen Lage
Verliebte Blicke und leises Lachen zwischen den meterhohen Bücherregalen. Das etwa 17-jährige Mädchen beugt sich zu ihrem, ungefähr gleichaltrigen Begleiter. Er flüstert in ihr Ohr, sie schüttelt kichernd den Kopf. Das enggebundene fliederfarbene Kopftuch ist verrutscht. An der linken Schläfe hängt eine schwarze, gelockte Haarsträhne hervor. Die Frage, ob sie oft hierher kommen, unterbricht den scheuen Flirt abrupt. Die beiden rücken schlagartig voneinander ab. Während der Bursche verlegen sein weißes Ed-Hardy-Baseballcap zurecht schiebt und erklärt, sie wollen nicht gestört werden - nein, sie wollen nicht sagen weshalb und wie oft sie in die Hauptbücherei kommen - zupft das Mädchen mit abgewandtem Gesicht ihr Kopftuch zurecht. Danach herrscht betretenes Schweigen. Erst einige Minuten später sieht man die beiden durch die Glaswand der Leseecke wieder lachen.

Die städtische Hauptbücherei am Urban-Loritz-Platz liegt an der Grenze zwischen dem siebten und dem fünfzehnten Wiener Gemeindebezirk. Bürgertum und Bobos auf der einen, mit 35,8 Prozent höchster Ausländeranteil Wiens auf der anderen Seite des Gürtels. Das Publikum in der Bücherei ist dementsprechend gemischt: neben österreichischen Studenten würden auch viele Asylwerber und Migranten kommen, sagt Christian Jahl, Leiter der Bücherei.

Geheimer Treffpunkt


Manche der Jugendlichen aus Migrantenfamilien sind offenbar nicht der Bücher wegen hier. Es sind Mädchen aus streng muslimischen Familien, die die Bücherei als heimlichen Treffpunkt nutzen. Nach islamischem Brauch können sie Bibliotheken ohne männliche Begleitung besuchen. "Die Mädchen werden oft von ihren Brüdern oder Vätern gebracht und abgeholt", sagt Jahl. Hier finden sie ein Stück Freiraum zwischen den Lesenden, Internetsurfenden und Musikhörenden. "In der Bücherei können sie sich in Ruhe mit Freundinnen und Freunden treffen und an den Computern chatten. In Internetcafes fühlen sie sich beobachtet und unwohl; sich im Kaffeehaus zu verabreden ist schwierig", sagt Meltem Weiland, Frauenberaterin des Verein "Orient Express". Zwar sind ihr in ihrem Arbeitsalltag in der Migrantinnenberatung derartige Beispiele bisher nicht untergekommen, sie wisse aber aus Erzählungen dass Büchereien für die Mädchen ein beliebter Treffpunkt seien.

Jagdrevier Internetgalerie


"Die Internetgalerie ist so etwas wie eine Anbahnungsplattform", erzählt Christian Jahl. Nach der Bibliothekseröffnung im Oktober 2003 gab es häufig Beschwerden: die Migrantenkinder seien zu laut, viele Besucher fühlten sich gestört, manche Frauen belästigt. Jahl reagierte, indem er die 20 Internet-PCs in einen eigenen Bereich, durch eine Glastür vom Lesesaal getrennt, verlegten ließ und vier zusätzliche Computer anschaffte, die nur für Frauen reserviert sind. Seitdem herrscht Frieden.

"Viele dieser Jugendlichen sind zum ersten Mal in einer Bibliothek. Die meisten kommen wegen dem Internetzugang. Viele entdecken hier auch andere Medien für sich." Jahl bemüht sich, den fremdsprachigen Besuchern etwas zu bieten: in der Hauptbücherei stehen jeweils an die 1.000 Bücher in türkischer, polnischer, slowenischer, russischer und persischer Sprache.

Kleine Wohnungen, viel Lärm


Beziffern kann Jahl den Ausländeranteil unter den Besuchern nicht, da einerseits die Herkunft der Kunden bei der Einschreibung nicht erfasst werde. Andererseits würden viele der täglich an die 3.500 Besucher über keine Entlehnkarte verfügen, sondern nur die kostenlosen Angebote nutzen: internationale Tageszeitungen lesen, oder lernen. Besonders Kinder von Migranten würden in der Hauptbücherei gerne Aufgaben machen und lernen. "Oft sind die Wohnungen winzig, die Zimmer müssen sie mit vielen Geschwistern teilen. Da kann man sich nur schwer konzentrieren."

Im "College Kirango", der Abteilteilung für Kinderbücher sitzen in einer abgelegenen Ecke zwei junge Muslimas. Auf dem Tisch vor ihnen einige Hefte und Bücher ausgebreitet, die Gesichter tief darüber gebeugt und völlig ins Lernen versunken. Sie tippen Zahlen in ihre Taschenrechner und diskutieren mit gedämpften Stimmen. Die Mädchen sind ungefähr 15 Jahre alt, tragen ordentlich sitzende Kopftücher und haben trotz der hohen Raumtemperatur ihre langen braunen Mäntel nicht ausgezogen. Auch sie wollen nicht von sich erzählen. "Keine Zeit", sagt eine der beiden, lächelt schüchtern und winkt abwehrend mit den Händen. Die andere starrt beharrlich in ihr Heft, als sei jede Sekunde in der Bücherei kostbar.

Wohnzimmer für Heimatlose

Neben den ausländischen Studenten, den lernenden Schülern und den Jugendlichen, die die Bibliothek zum Zeitvertreib und als Treffpunkt besuchen, fällt eine weitere Gruppe auf: Jene, für die die Bücherei Wärmestube und Wohnzimmer ist. Wenigstens innerhalb der Öffnungszeiten. In den breiten, gepolsterten Armsesseln nahe dem Eingangsbereich, dort wo die internationalen Zeitungen und Magazine aufliegen, haben es sich einige Männer gemütlich gemacht. Die Mantelkrägen hochgeschlagen, die Beine auf ihren Taschen ruhend, dösen sie vor sich hin: die zerfurchten Gesichter entspannt, eine Zeitung auf dem Schoß. Abschalten vom aufreibenden Leben auf der Straße. In der Bücherei ist jeder willkommen, so lange er sich an die Hausordnung hält. Warum es kaum Probleme gibt, erklärt Christian Jahl so: "Wenn sich Menschen an einem Ort wohl fühlen, dann geben sie darauf acht, dass es so bleibt, dass nichts zerstört wird." (Birgit Wittstock, derStandard.at, 13.12.2007)


Welchen Krimi bringe ich ihr?

Bibliothekar mailt nach Hause:
Würdest du einen Krimi, der so anfängt, lesen wollen?:
"Der unfertige Junge ging sonst nie durch den Park, schon gar nicht bei Nacht."
Des Bibliothekars Weib mailt zurück:
Würd ich nicht lesen wollen - ein unfertiger Junge ist imho ein Embryo in frühem Stadium, der hat noch eine Weile vor sich, bis er selbst gehen kann. Also denkt und schreibt der/die AutorIn entweder unlogisch, oder er/sie versucht sich als KünstlerIn, ohne diesem Anspruch gerecht werden zu können, oder die Übersetzung ist mies. Verspricht jedenfalls keine Krimileselust. :-)

Ende der Veranstaltungen in einer Bücherei

Unter dem Titel "Geschenk-Entzug-Protest" beschäftigt sich ein Gastkommentar in der Presse mit dem Ende der Literaturveranstaltungen in der Zweigstelle Engerthstraße.
Der Artikel beschreibt sehr treffend die für Büchereibedienstete auf Dauer frustrierende Situation, wenn sie mit großem Einsatz und sehr erfolgreich kulturelle Initiativen setzen, die von der zuständigen Magistratsabteilung 13 allenfalls geduldet, aber weder personell noch durch ausreichende finanzielle Zuschüsse für Honorare und für Sachaufwendungen (Buffets z.B.) unterstützt werden.
Die durch das Erste Wiener Lesetheater zusammen mit dem Autor veranstaltete Lesung von Gert Jonkes "Schule der Geläufigkeit" am 13. Dezember war somit die letzte Veranstaltung dieser über viele Jahre von vielen BesucherInnen frequentierten Veranstaltungen, bei denen sowohl etablierte AutorInnen als auch junge Talente teilnahmen.
Dieser de facto zum Nulltarif für den Magistrat erzielte Imagegewinn für die Büchereien hat bis auf weiteres ein Ende.



Geschenk-Entzug-Protest


12.12.2007 | 18:14 | GASTKOMMENTAR VON LYDIA MISCHKULNIG (Die Presse)

Die MA 13, zuständig für die Büchereien der Stadt Wien, hält es offenbar für sinnlos, Lesungen zeitgenössischer Autoren zu veranstalten.

Es wird einmal – nämlich in der Zweigstelle Engerthstraße der Stadtbücherei Wien – die monatliche Leseveranstaltung zeitgenössischer Literatur selber Geschichte sein. Dieses Faktum bedauern jetzt schon das Stammpublikum der Bücherei, Gäste aus der Nachbarschaft und Anreisende, die Autoren und Leser.

Zeitgenossenschaft ist die Beziehung des Lesers zum Autor zur Welt zum Leser – den persönlichen Kontakt knüpften Elisabeth Fian und das Bibliothekarsteam der Zweigstelle Engerthstraße, das Literatur unter die Leut' brachte. Die Bücherei lud monatlich zu Lesung, kleinem Buffet und Wein, um die Diskussion in gastfreundlicher Atmosphäre zu fördern – sie trieb Verzweigung von Sprache und Kunst und war ein Ort, wo erzählt werden durfte, auch von ganz jungen und unbekannten Stimmen, wie etwa Martin Kolosz oder Bernhard Strobel. Es war eine Besonderheit, die neueste Literatur im Rahmen der Engerthstraße besuchen zu dürfen. Die Gegend rund um den Mexikoplatz bietet ja nicht gerade viel Gelegenheit für den Einstieg in die literarische Disposition hiesigen Schaffens. Stoff gibt es aber allemal. Deshalb ging ich gern zu den Lesungen. Der Weg, das gemischte und höchst aufmerksame Publikum.

Bücherei als soziale Institution


Die Bücherei als soziale Institution bietet nicht nur Bücher, sie dient auch als Internetzugang, als Jugendzentrum für Schüler, die nur dort lernen können, weil es zu Hause zu eng, zu laut ist, bietet Zuflucht für vereinsamte Menschen, die „ihren“ Bibliothekar aufsuchen, Zeitschriften lesen, den Tag über einen Besuch in der Bücherei strukturieren. Die soziale Funktion des Bibliothekars in den Stadtbüchereien wird ohnehin unterschätzt – von der Politik nämlich, die die Rahmenbedingungen setzt, Personal abbaut und nach Entlehnquote berechnet, wie viele Angestellte in einer Bücherei arbeiten dürfen und müssen.

So leisten viele der Lesungen veranstaltenden BibliothekarInnen Extra-Engagement für das literarische Leben, da PR-Arbeit, Einladungen, Buffet-Herstellung, Wein-Einkauf und die nachträgliche Versorgung der Räumlichkeiten sie selbst erledigen müssen. Es gibt kaum oder gar kein Zusatzbudget. Geht es in der Hauptbücherei auch so knausrig zu? Gibt es dort Öffentlichkeitsarbeiter? Wie viele?

Die Zweigstelle Engerthstraße lädt heute zum letzten Mal in die Bücherei. Niemand verböte es, weiterhin Lesungen zu organisieren, es gibt ein Jahresbudget für Lesehonorare – doch leider sind die Literatur aushungernden Rahmenbedingungen durch die Kulturpolitik dieser Stadt schwerwiegender. Kardinalgründe für den Engagementfrust liegen bei sozialen Berufen – und Bibliothekar ist ein solcher – meist an mangelnder Bezahlung, Personalengpässen, zu wenig Anerkennung durch den Dienstgeber, Schrumpfung der Budgets für Buffets und Reinigung.

Die MA 13, zuständig für die Büchereien der Stadt Wien, hält es offenbar für sinnlos, Lesungen zeitgenössischer Autoren zu veranstalten, um Entlehnquoten zu erhöhen. Dass Leser heranwachsen und ein Gefühl für und Lust auf Literarizität erst entwickeln müssen, ist den Leserattenfängern der Politik nicht klar – und lassen deshalb die Literaturveranstalter der Büchereien-Zweigstellen aus dem letzten Loch pfeifen, während die Musicalsubventionierung zur Massenleichtigkeitsverblödung beiträgt.

Vielleicht kann sich das niemand vorstellen, dass die Kräfte eines Bibliothekteams versiegen, weil Personalmangel zur Selbstausbeutung führt, wenn auch noch Lesungen veranstaltet werden; wenn die Putzfrauen nicht lange genug arbeiten dürfen, aus magistratischen Einsparungsgründen einer sozialdemokratischen Partei heraus, und somit nach der Veranstaltung die Reinigung nicht mehr besorgen können. Wer räumt nun den Platz vor und nach einer Leseveranstaltung her? Wie viel Zeit kostet das? 7 Euro pro Stunde? Die Leistung einer Putzfrau in einem öffentlichen Gebäude der Stadt Wien wird nach Quadratmetern bezahlt. Was ist ein Bibibliotheksquadratmeter wert? Zählen Stellagen und Bücher mit? Oder gilt nur der Boden wie im Wartesaal eines Amtsarztes?

Könnte es sein, dass die Kulturpolitik der Stadt Wien meint, der Bibliothekar soll selber putzen, wenn er schon engagiert ist – damit die Entlehnerei sauber funktioniert – und abendliche Lesungen den Filialen eh nix bringen? Der Bibliothekar hat eine Brückenfunktion. Er ist nicht nur Leihgeber von Büchern, auch Erzieher, der simple Begrüßungsformen beibringt und einhält, Grüß Gott. Guten Tag, je nach Gesinnung halt – er ist Kommunikator, Container. Anerkennt der Dienstgeber die sozial integrative Leistung der Bibliothekare, die ihre Aufgabe auch als Literaturvermittler sehen? Das hat doch alles was mit Büchern zu tun – nicht wahr? Gibt es seitens der Hauptbücherei zeitgenössische Literaturvermittlung für Bibliothekare?

Sicher gehört persönliches Engagement besonders gewürdigt, durch Lohn und Wertschätzung des Dienstgebers. Wer dafür sorgt, dass zeitgenössische Literatur nicht gefeiert wird – der verhindert Literatur, die aber Lebensmittel für alle ist.

Frisst die Hauptbücherei den Rest?

Für das kleine Buffet bei Lesungen in der Engerthstraße wird eine geringe Geldsumme zur Verfügung gestellt – frisst die Hauptbücherei den Rest? Wozu ein Buffet zur Literatur, mag sich wer fragen? Weil's fein ist, kann ich sagen, wenn es was zu beißen und zu trinken gibt. Das lockt Leute an mitzudenken, weckt Bildungslust. Tatsache ist, dass ein heißer Ort, der durch Literaturbegeisterte gelebt hat, nun den Geist aufgibt, weswegen der Magen knurrt, weil die Rahmenbedingungen der letzten Jahre Kulturpolitik zermürbend kleinlich waren, enger wurden und festgezurrt. Heute ist Schlussveranstaltung. Die Leser mögen kommen und protestieren gegen die Musicalverrohung der Subventionspolitik dieser Stadt. Gerechter Lohn bedeutet Ort und Zeit für Literatur – regelmäßig.

Lydia Mischkulnig ist freie Schriftstellerin in Wien. 1996 Bertelsmann-Literaturpreis des Bachmann-Wettbewerbs. Werke u. a.: Halbes Leben (1994), Umarmung (2002).

meinung@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2007)