Schreckliche Bürger in schrecklichen Burgen

Irgendwie ist mir der Titel "Schrecklicher Polizist in einem schrecklichen Fall" bekannt vorgekommen. Ist es auch: das zugrundeliegende und zum Beitrag passende Motiv stammt aus einem wunderbaren Gedicht von Julian Tuwim, welches in einem der wichtigsten Bücher des vorigen Jahrhunderts abgedruckt ist, im "Museum der Modernen Poesie" (eingerichtet v. H.M. Enzensberger), und mich viele Jahren begleitet hat:
Bürger

Schreckliche Burgen, Burgen auf Bergen
beherbergen schrecklich schreckliche Bürger.
An Wänden wächst der Pilz wie an Särgen.
Finsterer Winter, frostiger Würger.

Seit frühem Morgen schelten sie, schnaufen,
weil Schnee, weil teuer, weil dies, weil das da.
Ein bißchen sitzen, ein bißchen laufen,
und alles Wahnsinn. Phantome. Basta.

Prüfen die Uhren, prüfen die Taschen,
zupfen an Schlipsen, glätten die Bärte.
Gehen herab in stolzen Gamaschen
von ihren Burgen - auf unsere Erde.

(...)

Am Abend sinken die übertrieben
geschwellten, immer schwereren Birnen.
Spähn unter Betten, suchen nach Dieben,
stoßen ans Nachtgeschirr mit den Stirnen.

Und wieder prüfen sie Taschen, Zettel,
geflickte Hinterteile, Geschwüre,
heilige Habe, den Bürgerbettel,
das eigentümlich, ausschließlich Ihre.

Dann beten sie noch: "Laß Gnade walten ...
schütz uns vor Hunger ... vor Krieg ... vor Schurken"
und schlafen ein, die Fressen in Falten,
schreckliche Bürger in schrecklichen Burgen.


Trackback URL:
https://haftgrund.twoday.net/stories/4939628/modTrackback