Wiener Büchereien im Gemeinderat


Die Unruhe in der MA 13 bzw. die konfliktträchtige Atmosphäre zwischen MA13-Zentrale und Büchereien dringt offenbar bis in den Gemeinderat vor:
Gemeinderat, 22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 87 von 140

GRin Claudia Smolik (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Vizebürgermeisterin! Meine Damen und Herren!

(...)
Ich möchte noch zu einem Bereich kommen, der etwas heikel ist und wo im Moment relativ viel Unruhe herrscht, nämlich die MA 13. Es gibt aus der MA 13 offensichtlich Beschwerden, die jetzt auch zu uns gekommen sind, nämlich über den dortigen Umgang mit MitarbeiterInnen, mit Personalvertretungen, mit einem Stil, dass immer mehr Hierarchiengrenzen eingezogen werden, dass immer mehr Interventionen passieren und dass dort MitarbeiterInnen zumindest massiv verunsichert sind und dass es eigentlich vor allem im Bereich der Büchereien so weit gekommen ist, dass es eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegeben hat. Ich glaube, dass man sich diesen Bereich anschauen sollte, ob dieses Überreglementieren, dieses Zergliedern und Zerteilen wirklich der richtige Weg ist und vor allem, ob der Umgang mit MitarbeiterInnen, mit der Personalvertretung, der hier gewählt wurde, der richtige ist.

Die Büchereien sind in den letzten Jahren, und darauf hat meine Kollegin Cécile Cordon öfters hingewiesen, immer mit dem Wunsch nach mehr Personal für die Büchereien gekommen. Dann hat es geheißen: „Brauchen wir nicht, Ihr habt zuviel." Es wurde eingespart. Jetzt gab es einen Bericht der Innenrevision zur Personalanalyse und man ist darauf gekommen, dass es stimmt, was die dort immer gesagt haben, dass es zu wenig Personal gibt, dass man eigentlich mehr Dienstposten braucht und die auch nachbesetzt gehören.

Ich möchte einen Antrag einbringen, dass die fehlenden 8 beziehungsweise 7,5 Dienstposten für die Hauptbücherei beziehungsweise für die Zweigstellen mit spätestens Herbst 2007 nachbesetzt werden.

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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 25.06.2007, Sitzungsbericht - Seite 3 von 6

(PGL - 03044-2007/0001 - KGR/GAT) Der Beschluss-(Resolutions-)Antrag der GRin Claudia Smolik, betreffend Dienstposten für die Büchereien, wird abgelehnt.


Witzlos

Unlängst in der Runde in die Jahre Gekommener sollte jeder seinen Lieblingswitz erzählen. Als die Reihe an mir war, wusste ich nur einen, eben meinen Lieblingswitz:
Die Religionslehrerin erzählt den Kindern über das fromme Leben der Nonnen, dieser Bräute Christi, welche Geist und Körper dem Heiland gewidmet haben.
Die Schülerinnen sind sehr beeindruckt. Eine Schülerin möchte es genau wissen: "Gehen die Nonnen eigentlich auch aufs Klo?"
Die Religionslehrerin erötet und antwortet nach einer Weile: "Ja, aber nicht so oft."
Alle schauten mich an, als ob sie noch auf was warteten. Keiner lachte. Erst als ich sagte, dass dies der Witz gewesen sei, kam Lachen auf, ein leicht höhnisches.

Liegt es an meiner Art Witze zu erzählen oder an meinem Humor? Oder ich war mit Nebochanten zusammen?

Ich finde diesen Witz nämlich wirklich exzellent und ich wäre froh, ihn noch nicht zu kennen und ihn mir neu erzählen zu lassen. Lange würde ich darüber lachen.
Aber mensch kann nicht alles haben.

Zeig mir dein Bücherregal


"Zeige mir dein Bücherregal und ich zeige dir, wer du mal warst, bist oder sein willst": so ähnlich könnte das Motto genannt werden, unter dem jetzt.de die UserInnen auffordert, ihre Bücherregale zu fotografieren, denn
Da die wenigsten Leute ihre gelesenen Bücher weiter verkaufen oder wegwerfen, dokumentiert die über Jahre angewachsene Büchersammlung die Biographie ihres Besitzers.Nicht nur die intellektuellen Interessen, auch die Beziehungen zur Umwelt kann man aus der persönlichen Bibliothek im wahrsten Sinne „herauslesen“.
Bis 4. Oktober kann der Bücherregalexhibitionismus noch betrieben werden.

Wahnsinn weicht Vernunft

... weicht Wahnsinn weicht Vernunft weicht Wahnsinn weicht ...

Foucault staunt.
  • Die tatsächliche Übersiedelung steht kurz bevor.
  • An einem einzigen Vormittag werden 120 Patienten aus dem Landesklinikum Gugging nach Tulln gebracht.
  • Nachdem die Klinik endgültig ihre Pforten schließt, soll auf dem bisherigen Anstaltsareal die Elite-Uni entstehen.
  • Beatrix Moreno, kaufmännische Direktorin im Donauklinikum Tulln, ist für die Übersiedlung der Patienten verantwortlich.
  • Innerhalb von fünf Stunden, so der ehrgeizige Plan, sollen die Transporte abgeschlossen sein.
  • Damit dieser Plan funktioniert, wird das Rote Kreuz eine logistische Meisterleistung hinlegen müssen.
  • Rettungskommandant Friedrich Eigenschink freut sich auf die Herausforderung:
  • „Wir werden etwa mit 60 Sanitätern, drei Notärzten und 20 Einsatzfahrzeugen auffahren.“
  • Rotes Kreuz, das am Samstag für den Transport von rund 80 Personen etwa 50 Sanitäter aus den Bezirken Tulln, Wien-Umgebung und Baden,
  • 16 Krankentransport- und zwei Notarztwägen aufbieten wird.
  • Etwa ebenso viele Patienten werden außerdem mit Autobussen übersiedelt
  • Der Startschuss der Übersiedlung fällt um 7 Uhr Früh.
  • Moreno: „Wir beginnen mit den heikleren Fällen und zwar mit den knapp 70 Patienten der Neurologie.
  • Moreno: "Erst danach übersiedeln wir die psychiatrischen Patienten.“
  • Die neuen Abteilungen im Neubau haben nur mehr wenig mit Spitalsatmosphäre zu tun.
  • Der wohnliche Charakter steht im Vordergrund.
  • Es wurden ungefähr 50.000 m³ Erde ausgehoben, 2500 Tonnen Betoneisen und 22.000 m³ Beton verwendet.
  • Die 18.000 m² Glas- Holz-Fassade ist ein optischer Blickfang und bringt sehr viel Licht in die Räumlichkeiten.
  • Der neu gebaute Glaskäfig soll über keine Klimaanlage verfügen.
  • Die Patienten werden überhaupt keinen unnötigen Belastungen ausgesetzt.
  • Weiters ist es ein wichtiger Schritt zur Entstigmatisierung.
  • Es ist ein überregionales Kompetenzzentrum für Menschen aus allen niederösterreichischen Regionen mit psychischen Problemen.
  • Wie bereits berichtete, soll nach der Absiedlung aller Patienten die Klinik in die Luft gehen.
  • Um Platz für die Elite-Uni zu schaffen.
  • Insgesamt werden 15 der insgesamt 30 Klinikgebäude abgerissen.
Nach 116 Jahren Klinikbetrieb verließ gestern der letzte Patient die niederösterreichische Landesnervenklinik Gugging.

Quellen dieses Gugging-Raps: Kurier, Niedeösterreichische Nachrichten, ORFonline, DerStandard....

I am a rock


Der Beharrlichkeit des Zottels
zottelkaterbett
habe ich es zu verdanken, dass dieser Morgen sich nicht in die Nirvanisierung der Alps auflöste. Ein Herbsttag so ganz nach dem Herzen von Geriatrikern umfing uns, interessante Düfte für seine Nase und Phantasie, bescheidene, doch wärmende Sonne für meine Knochen. Hernach beim Googlereadern einen wunderschöner Link von belafinster gefunden, zurecht übertitelt mit "Am Ende das Beste", in zweierlei Hinsicht.

I have my books
And my poetry to protect me
I am shielded in my armor
Hiding in my room safe within my womb
I touch no one and no one touches me
I am a rock
I am an island
And a rock feels no pain
And an island never cries


und dann ist mir eingefallen, dass ich heute vor 7 Jahren geheiratet habe. Allerdings nicht alleine.

Neugierige Abteilungsleiter?


Unlängst in der Newcomer-Schulung des Magistrats Wien erfuhren die TeilnehmerInnen Erstaunliches. Erstens, dass es eine dreißigminütige Mittagspause gebe (wahr ist dagegen, dass zur Einnahme des Essens die dafür notwendige Zeit gewährt werden muss) und zum Anderen, dass die Mailkonten der Bediensteten vom Dienstgeber nur bei Verdacht von Missbrauch eingesehen werden dürften, und dies auch nur im Rahmen einer festgelegten Prozedur, in welcher auch die Personalvertretung einbezogen sei, tatsächlich aber jeder Abteilungsleiter die Möglichkeit habe, in die Mailkonten seiner Untergebenen Einschau zu nehmen und diese Möglichkeit auch genutzt werde. Wenn damit Missbräuchliches entdeckt werde - (Verspottungen des Abteilungsleiters z.B.?) - erfolge dann die legale Prozedur der Überwachung und dementsprechend werde auch was gefunden, was für ein Diszi gegen den Mailkontenbesitzer reiche.
Irgendwie glaube ich das aber nicht. Weil das wäre ja ungesetzlich. Und das Misstrauen gegen den Dienstgeber sollte uns noch nicht so sehr zerfressen haben, dass wir jeden Blödsinn glauben, der in der Newcomer-Schulung erzählt wird.
Andererseits glaube ich seit meinem 5. Lebensjahr auch nicht mehr an das Christkind.






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"Die Angelegenheiten des Dienstleistungskonzerns „Magistrat der Stadt Wien" betreffen unzählige Bereiche. Informationen dazu, einen Überblick über Rechte und Pflichten sowie Interessantes zu den Aufgaben und Zielen einer modernen Dienstleisterin vermittelt die Newcomerschulung in 11 Modulen.
Ziel: Die Teilnehmer/innen erfahren die relevanten Themen zur neuen Arbeitgeberin „Dienstleistungskonzern Wiener Magistrat".

BibliothekarInnen haben sich auf die Europameisterschaft zu freuen


Und wieder eine Weisung. Da die Büchereien innerhalb der Gemeinde Wien zu jener Geschäftsgruppe gehören, bei der auch der Sport beheimatet ist, haben die BibliothekarInnen das ganze Jahr bis zum Anpfiff der Fußball-Europameisterschaft im
Footer ihrer Mails an magistratsexterne Adressatinnen (also in der Regel Mails mit Vorbestellungs-Benachrichtigungen, Einladungen zu Bücherei-Veranstaltungen etc.) eine ganz persönliche Mitteilung zu machen. Und zwar diese:

wirfreuenunsnarrisch
Was natürlich alle sehr freut und sich niemand dafür geniert. Niemand dafür genieren darf, weil dann würde das als ein Zeichen fehlender Loyalität gegenüber dem Dienstgeber aufgefasst werden müssen.
Auch ein Umfunktionieren des Wirfreuenuns-Logos, wie es knapp vorm Papstbesuch in Österreich unter etlichen Mails natürlich nicht zu sehen gewesen war, wäre unangebracht gewesen.
Sowas hätte nämlich die nötige Ernsthaftigkeit vermissen lassen, welche BibliothekarInnen bekanntlich innewohnt. Aber zum Glück hat es dieses erwähnte Papstlogo nie gegeben.
benny kommt

Wiener BibliothekarInnen haben immer sonnig zu sein


Was hat am folgenden Kurierartikel über die Hauptbücherei die Abteilungsleitung der Magistratsabteilung 13 so zu erregen vermocht, dass sie der im Artikel zitierten Bibliothekarin und dem Leiter der Hauptbüchereil ihre Huld zu entziehen droht?

BUCHSTABENGETREU

Es herrscht buchstäblich und sprichwörtlich ein Gewusel auf dem Kinderplaneten Kirango im 3. OG (Obergeschoß) der Wiener Hauptbücherei. Bücher, Hörbücher, Videos, DVDs, Computer-Spiele auf CD - vieles, was der junge Mensch von heute für die Schule und fürs Leben braucht, wartet hier, entlehnt zu werden.
Noch etwas macht den Mini-Planeten so attraktiv: Es sind die Erwachsenen, die auch zuhören, wenn irgendwo der Kinderschuh drückt. Und der drückt oft. Nur wenige Schritte von der modernen Bücherei am Gürtel entfernt sind jene Familien zu Hause, die ihren Kindern keinen Reichtum und kaum Aufmerksamkeit bieten können. Die Kinder kommen aus armen Verhältnissen.

Verbuchung
Mitten drin' im Gewusel, an der Informationstheke, sitzt Beate Wegerer, die Chefin auf Kirango. Aus eigener Erfahrung weiß sie, dass eine städtische Bücherei bereichernd wirkt. Viele Stunden ihres Lebens hat sie in der Zweigstelle in der Zirkusgasse verbracht.
Als Schülerin entlehnte sie dort Bücher und konnte dabei Aha-Erlebnisse für sich verbuchen. Als Bibliothekarin war sie dort selbst für die Verbuchung zuständig.

Entfaltung
Schon mit 19 wollte Wegerer in einer Bücherei arbeiten: "Ich hatte damals das Gefühl, dass einem dort zahlreiche Entfaltungsmöglichkeiten geboten werden." Dieses Gefühl sollte sie nicht täuschen. Nach ihren Lehrjahren in einer Zweigstelle in Mauer und mehr als ein Dutzend Lernjahren in den Filialen in der Neustift- und ihrer lieb gewonnenen Zirkusgasse erlebte sie den Umzug der Hauptbücherei live mit. Von der Skodagasse in das neugebaute Raumschiff am Urban-Loritz-Platz. "Eine absolut spannende Phase meines Berufslebens."

In den Untergeschoßen des Raumschiffs, dort, wo nur Mitarbeiter Zutritt haben, stapeln sich täglich Bücher, die wieder in die Regale zurückgestellt werden müssen. Eine Sisyphus-Arbeit für die hier Beschäftigten. Kaum steht ein Buch im Regal, wird es wieder ausgeborgt. Bücher wie Mitarbeiter - ständig in Bewegung.
Die 43-jährige Abteilungsleiterin ist keine, die jammert. Die tägliche Arbeit mit Büchern, mit Medien, wie man heute in Anspielung auf das digitale Angebot sagt, sei für sie "in hohem Maß inspirierend". Wobei sie unterstreichen will: "Zeit zum Lesen habe ich persönlich nur am Wochenende und im Urlaub."
Auch das alte Klischee vom verstaubten Beruf, vom leicht weltfernen Bücherwurm trifft längst nicht mehr zu: "Wir haben hier täglich mit Menschen zu tun."
Schon bald werden bei ihr die ersten Kataloge der Buchverlage eintreffen, fürs Frühjahr 2008. Dann mutiert die Bibliothekarin zur Buchhalterin. Zu entscheiden gilt es, welche Neuerscheinungen angekauft werden.
Grenzen in der Riesen-Flut an neuen Büchern sind durch das Budget gesetzt. Beate Wegerer kann die Entlehner jedoch beruhigen: "Nach der großzügigen Investition in dieses Gebäude wird, wenn überhaupt, eher beim Personal als bei der Hardware gespart."
Kein konfliktfreies Thema: Vier Mal sei man zuletzt evaluiert worden. Dabei wurde auch mit der Stoppuhr gemessen, wie lange ein Entlehnvorgang dauert. Doch was die Evaluierer nicht evaluieren konnten oder wollten, ist, dass eine Bücherei anders zu bewerten ist als eine Autofabrik.
Die erfahrene Fachfrau erzählt: "Wenn wir Kindern hier eine Art Hortersatz bieten, wenn ältere Menschen bei uns ihre Krankengeschichte loswerden können, ist dies auch eine Leistung der Bücherei." Eine Leistung, die nicht so wie Stückzahlen gemessen werden kann.
Derzeit tendieren die Büchereien jedoch eher in Richtung Bank oder Flughafen. Um am Ende auch Personal einzusparen, wurden Geräte für Selbstverbuchungen eingerichtet. Zuhören können die sicher nicht, Buchtipps können sie auch nicht abgeben.

Modernisierung
Das Resümee der Bibliothekarin ist dennoch nicht pessimistisch, im Gegenteil: "Früher waren die Büchereien ein bisserl eine verschlafene Angelegenheit, heute sind sie Teil einer dynamischen Entwicklung." So hätten auch die kleinen Zweigstellen von der Hauptbücherei profitiert. In Wien war ihnen vor ein paar Jahren der sichere Tod vorausgesagt worden. Danach schaut es derzeit nicht aus.
"Kurier" vom 24.09.2007 Seite: 24 Ressort: Leben

Menetekel in Simmering?


Die Kreuzerscheinung vom Leberberg

Eines schönen Tages, und der Tag der war blau, da sagte ich einfach hoppla, als ich das Kreuz an der Wand sah. Der Einbruch des Überirdischen kam unverhofft wie ein katholisches Schiff mit fünfzig theologischen Kanonen. Nun steh ich da, ich armer Tor wie der Ochse vorm Allerheiligsten am Rande Pannoniens.

Kalabrien bei Island


Ziemlich zeitgleich mit den Morden in Duisburg, von denen die dortige Polizei vorerst annahm, dass es sich eher um eine Beziehungskiste handelte, wohl an die Fragen anknüpfend, die mensch sich beim Betrachten der Werbung mit dem Weinbauern in San Luca stellt, der auf seine beste Helferin wartet und sie Sonne nennt, die italienischen Behörden dagegen auf eine Fehde kalabrischer Mafiaclans verweisen, die seit den frühen 90ern währt, ziemlich zeitgleich also, um nicht zu sagen als gelungene Beilage produzierte die Leibköchin meines Herzens ein saftiges Brot nach einem kalabrischen Rezept, welches aus irgendwelchen Gründen wunderbar mit der Lektüre von Laxness' Am Gletscher harmoniert, in dem viel die Rede ist, unter anderem von der Wassertheorie:

Sira Jon Primus: "Ich habe nur eine Theorie"
Dr. Syngmann: "Heraus damit, John!"
Sira Jon:"Ich habe die Theorie,daß Wasser gut ist."
Dr. Syngmann: "Gegen Erkältung oder was?"
Sira Jon: "Unbedingt. Man braucht sich nicht einmal an meine Theorie zu halten, außer wenn man durstig ist." (145)

Schopenhauer im Direktorszimmer

In seiner auch heute noch gut zu lesenden Schrift "Marxismus und Philosophie" hat sich Karl Korsch u.a. den unterschiedlichen Zugängen marxistischer Theoretiker zur Philosophie bzw. zum philosophischen Gehalt des Marxismus gewidmet. Wobei er auf eine scheinbare Paradoxie hinwies, dass offenbar zwischen bürgerlichen und marxistischer Wissenschaftern (v.a. der Zweiten Internationale) in einem Punkt Konsens herrscht:
"Die bürgerlichen Philosophieprofessoren versicherten sich gegenseitig, daß der Marxismus einen eigenen philosophischen Gehalt nicht besäße - und glaubten damit etwas Großes gegen ihn gesagt zu haben. Die orthodoxen Marxisten ihrerseits versicherten sich ebenfalls gegenseitig, daß ihr Marxismus seinem Wesen nach mit der Philosophie nichts zu tun habe - und glaubten damit etwas Großes für ihn zu sagen."
Diese theoretischen Annahme,
"dass der Marxismus als solcher eine Theorie und Praxis sei, zu deren ... Bestand keinerlei bestimmte Einstellung gegenüber irgendwelchen philosophischen Fragen gehörte",
zog nach sich, dass es
"auch nicht als eine Unmöglichkeit anzusehen war, wenn etwa ein führender marxistischer Theoretiker in seinem philosophischen Privatleben ein Anhänger der Philosophie Arthur Schopenhauers war."(alle S.76)
Ein Drittel Jahrhundert musste vergehen, bis sich mir dank des ungemein spannenden und in vieler Hinsicht erhellenden Buches "Die Frankfurter Schule (Rolf Wiggershaus) erschloss, wer dieser führende marxistische Theoretiker denn gewesen sei:
"Horkheimer begriff sich als Verfechter der marxistischen Theorie... Aber im Direktorzimmer des Instituts ... hing ein Bild Schopenhauers. Wer ihn vor diesem Bild sitzen sah und ihn im Gespräch auf Schopenhauer als eine seiner wichtigsten Quellen hinweisen hörte, dem mochte vielleicht jene Stelle aus Karl Korschs Marxismus und Philosophie einfallen ... (s.o.)"

"Einem der Stipendiaten des Instituts, Willy Strzelewicz, ... erschien Horkheimer als ein dem Marxismus und Kommunismus nahestehender bürgerlicher Philosoph, als halb Neukantianer, halb Positivist, als ein Dozent, der offenes Diskutieren schätzte, der selber den Namen Marx selten in den Mund nahm und weder vom Lukacsschen Marxismus noch von der 'deutenden' Philosophie Adornos und Benjamins viel hielt." (66)

Wie in der weiteren Darstellung erkennbar ist, scheint auch von Mitgliedern der Frankfurter Schule, die ja u.a. angetreten sind, um einen Weg aus der Krise des Marxismus in den Zwanzigern zu finden, dieser Marxismus/Materialismus von manchen als quasi erratischer Block angesehen worden zu sein: ohne zwingende Vorgeschichte und ohne Einbettung in philosophische Denktraditionen - wenn man absieht von äußerlich bleibenden Verknüpfungen mit als materialistisch bezeichneten Denkern. 
Adorno, Benjamin und Bloch bildeten einen Gegenpol mit ihrer, in Einzelfällen bis zur Manie reichenden Überzeugung, dass in der Tiefe der Immanenz die tranzendierende Sprengkraft der bestehenden Gesellschaft zu entdecken sei, und sie Lenins Ausspruch (ich glaub in den Hegel-Exzerpten), dass ein kluger Idealismus dem klugen Materialismus näher stehe als ein dummer Materialismus, von ihnen wahrlich gelebt wurde.
Kein Wunder, dass Adorno sich bei Horkheimer den Mund für Benjamin fusselig reden musste, damit dessen Passagen-Projekt als vom Institut unterstützenswert anerkannt wurde. Was zwischen Adorno und Bloch sich genau abgespielt hat, hoffe ich im weiteren Verlauf noch zu erfahren, bislang weiß ich noch, dass Adorno wie gegen Marcuse auch gegen Bloch heftigst intrigiert hat und dieser nie Mitglied des Instituts wurde. Wir werden sehen :-)


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Ich rette unser Klima

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"Globale Rettung im Buchformat" nennt es der Pressetext Austria, das Erzeugnis des grünen Landesrats Rudi Anschober. In diesem Buch wird zum einem an jenen Schauplätzen recherchiert, in denen demnächst und unvermeidbar die desaströsen Folgen des Klimawandels zu erleben sein werden, zum anderen, wie jeder Einzelne die Welt retten kann. Einige Hinweise in einem Interview mit der grüneneigenen Zeitschrift Planet, (leicht komprimiert):
oö.planet: Ist Klima retten für den Einzelnen nicht lästig?
Anschober: Nein, nicht lästig. Klima retten heißt verantwortungsbewusst handeln. Bei mir zu Hause gibt es nur Ökostrom. Wenn man nachts im Dunkeln durch das Haus geht, dann sieht man erst, wie viele Geräte auf Stand-by-Modus Strom verbrauchen. Die schalte ich heute alle aus. Das spart CO2 und senkt die Betriebskosten. Ich bleibe im Land. Wenn man um halb sechs Uhr früh rund um den Almsee spaziert, dann erlebt man eine einzigartige Stimmung, Feen und Kobolde zu sehen, das gibt’s.
Da haben wir sie wieder die Subjektivierung der Einzelnen unter einen Verantwortungsdruck, den sie nicht haben und auch nicht haben können, schon wegen der Größenverhältnisse im Vergleich zu den realen dezentralen Machthabereien. Die Botschaft ist einfach: der Einzelne ist schuld, wenn die Katastrophen kommen, und nicht deswegen vielleicht, weil er und sie zu wenig gekämpft haben gegen die Weltzerstörer, sondern weil der Bub schon wieder vergessen hat, das Licht abzudrehen und Mutti nicht sorgsam genug mit ihrem Haushaltsgeld umgeht, damit sie uns auch die klimarettenden Bioprodukte kaufen kann. Wenn er als Erwachsener wenigstens um den Almsee marschiert wäre, zu den Feen hin, der Bub, der dumme, dann tät heute alles ganz anders...