Gewerkschaftliches Herzeleid

    Wenn bei den Gewerkschaftern im Herzen einmal etwas kaputt gegangen ist, ist es schwer zu reparieren
meint der steirische Landeshauptmann Voves in einem Interview im Profil zum Präsidiumsbeschluss der SPÖ, dass künftig keine Spitzenfunktionäre der Gewerkschaft als SPÖ-Kandidaten für den Nationalrat aufgestellt werden sollen. Ein Beschluss, den lange vorher schon der ÖGB, wie von den Unabhängigen GewerkschafterInnen immer gefordert wurde, hätte machen sollen. Und zwar aus einem einzigen offensichtlichen Grund: dem der Unvereinbarkeit.

Wie man sich einen Kärntner Anzug verdient

    Wie Haider berichtete, sei der im Oktober 2002 verstorbene Silla zeitlebens für eine Lösung im Sinne des sozialen Friedens eingetreten: "Er und ich als junger Parteisekretär haben uns auf der legendären Grenzlandkonferenz in der Völkermarkter Burg im Jahre 1976 durchgesetzt, als in einer geheimen Abstimmung 70 Prozent für das Volksgruppengesetz gestimmt haben." Man habe sich damit gegen "Hardliner" wie den ehemaligen stellvertretenden FPÖ-Bundesparteichef Otto Scrinzi durchgesetzt. Silla habe damals zu ihm gesagt "So jetzt hast du dir deinen ersten Kärntner Anzug verdient", schilderte Haider.
Der Standard 30.6.2006

Robert Gernhardt 1937 - 2006

    DER LETZTE GAST

    Im Schatten der von mir gepflanzten Pinien
    Will ich den letzten Gast, den Tod, erwarten:
    „Komm, tritt getrost in den betagten Garten,
    ich kann es nur begrüßen, daß die Linien

    sich unser beiden Wege endlich schneiden.
    Das Leben spielte mit gezinkten Karten.
    Ein solcher Gegner lehrte selbst die Harten:
    Erleben, das meint eigentlich Erleiden.“

    Da sprach der Tod: „Ich wollt’ mich grad entfernen.
    Du schienst so glücklich unter deinen Bäumen,
    daß ich mir dachte: Laß ihn weiterleben.
    Sonst nehm ich nur. Dem will ich etwas geben.
    Dein Jammern riß mich jäh aus meinen Träumen.
    Nun sollst du das Ersterben kennenlernen.“

Robert Gernhardt 1937 - 2006 180px-Robert_gernhardt

Kehlmanns Vermessenheit

    Der schmale Umfang hat mich schon irritiert: was kann in den paar Seiten zu diesem nicht ungewichtigen Thema schon drinnen sein? Die Lobpreisungen und die Verkaufszahlen irritierten anders rum: vielleicht schreibt er sehr exakt Wort für Wort. Doch sein erster Roman hatte bewiesen, dass er nicht im Universum der Hammetts, Serners, Parkers, Borges zu Hause ist. Der war eher geschwätzig und altklug gewesen. Kein Grund, weiteres von ihm zu lesen. Und nun dieser Bestseller. Die ersten Seiten lesen sich flott, wie gute Gebrauchsliteratur, einfach und zielführend, wenn auch sehr gefällig. Zu gefällig für einen guten Schundler. Nach und nach seine Bemühtheit beim Zettelkasten Auswerten zeigend. Der Einfachheit halber die indirekte Rede nicht verlassend. Ein bißchen Fiktion und Nachgelesenes mischend. Mit dem Beifall heischenden verschmitzen Lächeln des jungen Frechen: Seht, was bin ich keck! Gegen Ende immer fader und belangloser werdend. Ein gutes Thema elendiglich verhunzt habend.
    Irgendwo habe ich von jemanden gelesen, der einem Literaten, der mit einem großen Thema leichtfertig umgeht, alles mögliche Fürchterliche an den Hals wünscht.
    Das tu ich auch, dem Daniel Kehlmann und seiner ärgerlichen Vermessung der Welt.
    Ich glaube nicht, dass er besser wird.

Zitat Dávila

    Die Idee der 'freien Entfaltung der Persönlichkeit' scheint ausgezeichnet, so lange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.
Nicólas Gómez Dávila

WM-Fake: Nicht-Sponsoren verboten

    Aktion zur WM: Nicht-Sponsoren verboten!

    von Torsten Kleinz - 02.06.2006 15:14
    Spaßvögel haben die offiziellen Internetseiten des WM-Büros der Stadt Köln kopiert und sie um einige Hinweise ergänzt, die den Ablauf der Fußballweltmeisterschaft für Sponsoren angenehmer gestalten sollen. Die anonymen Urheber nehmen damit die Kommerzialisierung und die überbordenden Regulierungen rund um die WM auf die Schippe.
    In einer offiziell anmutenden Checkliste werden die Kölner aufgefordert, einige Verhaltensregeln einzuhalten. So sollten während der Spielzeit möglichst keine Kleidungsstücke mit Markenzeichen von Nicht-Sponsoren im Bereich der Bannmeile um das WM-Stadion getragen werden. Autos mit Werbeschriftzügen sollten möglichst unauffällig geparkt werden. Die Wohnungsfenster sollten geschlossen werden, wenn aus dem Fernseher Werbung von Nicht-Sponsoren schallt. Auch das Nachpfeifen von nicht-lizenzierten Werbejingles sollte nach Kräften vermieden werden. Diese Checkliste wurde nicht nur ins Internet gestellt, sondern auch in der Nachbarschaft des Müngersdorfer Stadions verteilt.

    Die Stadt hat inzwischen reagiert: "Auch nach Rücksprache mit dem OK Köln der FIFA WM 2006" habe man festgestellt, dass sämtliche Ausführungen und Hinweise falsch seien und jeglicher Grundlage entbehrten, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Sportamtsleiter Dieter Sanden sagt: "Die Urheber des Schreibens und die Betreiber der Internetseite wollen die Bevölkerung verunsichern und die Fußball-Weltmeisterschaft in ein negatives Licht stellen." Auf Nachfrage erklärte die Pressestelle der Stadt, dass sich zwar mehrere Dutzend Bürger beim Sportamt gemeldet hätten, die meisten hätten die Anweisungen aber nicht für bare Münze genommen. Die Stadt Köln sieht das Treiben nicht ganz so humorvoll: Zurzeit wird ermittelt, wer hinter dem Scherz steckt und ob man die Urheber strafrechtlich verfolgen kann. Die Webseite bleibt vorerst online. Sie wurde anonym bei einem Provider in den USA registriert [Anm. hg: sie wurde inzwischen deaktiviert].
    Nach dem gleichen Prinzip betätigte sich auch ein Spaßvogel in Dortmund. Mehrere hundert Anwohner des WM-Stadions haben dort ein ähnliches Flugblatt in ihren Briefkästen gefunden. Auch hier wurde den Anwohnern empfohlen, jede Werbung von Nicht-Sponsoren aus dem Stadtbild zu entfernen. Darüber hinaus sei der Zutritt zu dem Sperrring rund um das Stadion nur noch mit einer Sondergehmigung der Stadt möglich und die sei für 10 Euro im Bürgerbüro zu bekommen. Auch hier ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen unbekannt.

Quelle: http://germany.indymedia.org/2006/06/148825.shtml


Neues aus der Selbststeuerungs-Szene

    Jenes Computerprogramm von Accenture, welches Tätigkeiten und Lebensgewohnheiten aufzeichnet und dann ein Spiegelbild aus der Zukunft entwirft, scheint für Rebellen möglicherweise kontraproduktiv zu sein - der jetzt-erst-recht-Effekt wird kaum zu unterdrücken sein, wenn mensch sich verändert im Future-Spiegel betrachtet. Ob das Programm soweit geht, einen auch im verwesten Zustand zu zeigen, wenn das Spiegelbild nur weit genug in die Zukunft geschaltet ist?
    Dass dieses und andere "Intelligente-Haus-Techniken" vor allem älteren Menschen mehr Unabhängigkeit verleihen soll, ist ein nicht uninteressanter Nebenaspekt.
    Ein weiterer ist, dass auf der Homepage der Firma Bezug genommen wird auf ihre Gesundheitsstudie mit dem Titel:
  • Krankenhaus-Studie identifiziert Sparpotenzial von 2 Milliarden Euro bei gleichzeitiger Nutzensteigerung

Zensur bzw.

    die missbräuchliche Verwendung dieses Begriffes sollte laut Klaus Nüchtern im Falter von 23/06 mit Bibliothekarsdiensten in Diktaturen gesühnt werden. Allerdings ist ihm auch zuzustimmen, dass die Machenschaften rund um die Heine-Preis- Verleihung-Nichtverleihung-Verzicht eine demokratiepolitische Katastrophe darstellt.
    Halbwegs vernünftige Stellungnahmen dazu scheinen mir zu sein:

Am geringsten, schreibt Brecht

    seien die Geschenke zu Pfingsten - während Ostern und Weihnachten was einbrachten.
    Gestern frühstücksfernsehen im ORF mit Ben Hur. Kindliche Erinnerung, dass Charleton Hestons Kopf laut damaliger, das neue Breitbandformat würdigende Kritik, groß wie der Simmeringer Gasometer erscheine, kann nicht bestätigt werden. Auch hier also die Erfahrung, dass einem in der Kindheit alles größer (und länger) erscheint als im Alter. Ebenso bestätigte sich die wohl nur der Kindheit vorbehaltene Kunst des glücklichen Ausblendens: an das Wagenrennen konnte ich mich natürlich erinnern sowie an eine Szene, die nur im Buch aufscheint, aber die penetranten christlichen Heilsverkündungen warfen erst gestern früh einen Schatten auf meinen Frühstückstisch. Die nicht vorhandene erinnerte Szene war die Bitte Ben Hurs an den Kommandanten der Galeere, ihn zwecks besserer Muskelausbildung regelmäßig die Ruderplätze wechseln zu lassen. Was insofern ein Glück war, als es ihm dadurch leichter gefallen ist, seinen späteren Adoptivvater zu retten und auch beim Herumkutschieren wäre ein dünnes untrainiertes Ärmchen wohl eher hinderlich gewesen. Jedenfalls hätte das Entwinden der Peitsche des bösen Konkurrenten so sicher nicht funktioniert.
    Später nächtens erscheint beim gleichen Sender Alexis Sorbas als russischer Papst, in einem anderen, bei Meischberger, der lächerliche Moraltheologe Andreas Laun als Sexprediger (niemand habe für die Befreiung der Sexualität so viel getan wie J.P.Zweite) ohne dass er auch gebührend ausgelacht wird. Es ist ein immer wieder zu beobachtendes Phänomen, dass die "Achtung vor dem Rock" unangebrachte Beisshemmung auch bei sonst nicht scheuen Menschen hervorruft. Beispielsweise werden Nonnen beim Einkauf gerne vorgelassen und mit "Schwester" angeredet. Laun wurde zwar nicht als "Bruder" tituliert und auch nicht vor gelassen. Aber so richtig vorgeführt wurde er auch nicht. Zumindest während der wenigen Minuten, denen ich mich dieser Vorstellung widmete.
    Und heute vor meinem Aufstehen hat bereits der Herold des Designs, der Wider-alle-Vernunft-Erzbischof von Wien eine Pressestunde für sich allein, wo er laut online-Nachrichten all das sagte, was schon vorher gewusst war, dass er es sagen würde.
    Und überhaupt das Wetter!

Schreib das auf, Kisch!

    Der Chefinspektor sagt etwas von dünn geschnittener Kalbspariser und Schwarzbrot, eventuell mit Gurkerl. Das ist kein Geheim-Code, das ist nur das Menü, das man Helmut Zilk im "Schwarzen Kameel" aufwarten möge. Ein schönes Stück Weg noch dahin, zu Fuß, für einen, von dem man noch vor kurzem dachte, er trüge schon sein letztes Hemd. Dagi hat aber nie so gedacht. Bitte schreib das, Swoboda, schreib von der Kraft der Dagi, sagt Zilk, von der Sonne zu Tränen geblendet.
Marga Swoboda ist Kisch. (am 28.5.06)

Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte

    Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte,
    im nächsten Leben würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen.

    Ich würde nicht so perfekt sein wollen,
    ich würde mich mehr Entspannen.

    Ich wäre ein bisschen verrückter, als ich es gewesen bin,
    ich würde viel weniger Dinge so ernst nehmen.
    Ich würde nicht so gesund leben.
    Ich würde mehr riskieren,
    würde mehr reisen,
    Sonnenuntergänge betrachten,
    mehr Bergsteigen,
    mehr in Flüssen schwimmen.

    Ich war einer dieser klugen Menschen,
    die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten;
    freilich hatte ich auch Momente der Freude,
    aber wenn ich noch einmal anfangen könnte,
    würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben.

    Falls du es noch nicht weißt,
    aus diesen besteht nämlich das Leben;
    nur aus Augenblicken;
    vergiß nicht den jetzigen.

    Wenn ich noch einmal leben könnte,
    würde ich von Frühlingsbeginn an
    bis in den Spätherbst hinein barfuß gehen.
    Und ich würde mehr mit Kindern spielen,
    wenn ich das Leben noch vor mir hätte.

    Aber sehen Sie … ich bin 85 Jahre alt
    Und weiß, daß ich bald sterben werde
Jorge Luis Borges