bi-ba-buechereien

Von KursteilnehmerInnen zu KundInnen.

Julia Franz untersucht in ihrer Diplomarbeit "Die Regierung der Qualität"(PDF 1 MB) die Auswirkungen in der Wahrnehmung und in der Behandlung der TeilnehmerInnen von Erwachsenenbildugnsangeboten, die von "KursteilnehmerInnen" zu "KundInnen" mutieren (Zitate u. Belege hier)

Die Eigenlogik von Bildungsprozessen, die gerade nicht oder nur sehr bedingt messbar ist, wird durch die Logik der Ökonomie substituiert. Ein Indiz dafür sind Begriffsumdeutungen, wie dies anhand ursprünglich kritischer Begriffe, wie Autonomie oder Selbstbestimmung, schon gezeigt werden konnte.
Bildungsbegriffe werden aber auch durch betriebswirtschaftliche ersetzt. So wird Bildung zu einem zu optimierenden Produkt und der Teilnehmer zum Kunden.
Das hat unmittelbar zur Folge, dass analog zur Fiktion vom sich völlig frei entscheiden könnenden Konsumenten auch dem Kursteilnehmer solch eine "Freiheit" zugestanden wird:

Das Bild des (zukünftigen) Kunden in der Weiterbildung schließt das des Selbstunternehmers mit ein. Der Kunde kümmert sich aktiv um seinen Bildungsweg, den er mehr und mehr selbstverantwortlich gestalten soll.
Aus dieser zugeteilten Selbstverantwortung resultiert wiederum, dass der Erfolg eines Weiterbildungsprojekts nicht ein kollektiver von Lehrenden und Lernenden ist, sondern sich auf die Frage reduziert, ob vom Kunden das beste Angebot ausgesucht worden ist. Und, wie Julia Franz schreibt:

Hinter der Befähigungsstrategie, also dem Vorhaben, es dem Teilnehmer-Kunden zu ermöglichen, zwischen verschiedenen Einrichtungen zu entscheiden, steckt kein Emanzipationsideal, sondern die Produktion von verantwortlichen Subjekten. Diese können sich bei schlechten Bildungsmaßnahmen nicht mehr auf »das schlechte Bildungssystem« berufen und müssen minderwertige Seminare auf ihre fehlerhaften Entscheidungen zurückführen.

Da nunmehr das Bildungssystem dem Teilnehmer nur noch als eine Palette von (Waren)angeboten gegenübersteht, bleibt das Verhältnis ausschließlich ein ökonomisches. Politische Kritik am Bildungssystem als solches findet keine Ansatzpunkte mehr, da man ja jederzeit auf Alternativangebote verwiesen werden kann.
Diese Strategie schlägt allerdings auf die konkreten Einrichtungen zurück. Der Kundenerfolg im Sinne von quantitativem Zustrom zu den einzelnen Angeboten zählt als solcher; inhaltliche Orientierungen treten in den Hintergrund. Auch im Bildungsmarkt gilt nun das als das Beste, was sich am Besten verkauft:

Durch die Ausrichtung am Kundenbegriff verändern sich auch die Selbstpraktiken der kollektiven Subjekte, der Weiterbildungseinrichtungen.
Diese orientieren sich an den Selektionsentscheidungen der Kunden und beginnen sich als Dienstleistungsunternehmen zu begreifen. Kundenbindungskonzepte und Zielgruppenforschung rücken in den Vordergrund.
Die Konsequenzen, die sich aus der mangelnden Ausrichtung am Kunden ergeben können, die Verluste von Marktanteilen, motivieren und aktivieren die Einrichtungen zur Transformation ihrer Selbstpraktiken.
Da die Erwachsenenbildungseinrichtungen nunmehr auch damit kalkulieren müssen, dass sie am Markt scheitern, ändert sich, wie J.F. schreibt, auch ihre Moral:

Diese orientiert sich nicht länger an gesellschaftlichen Werten und Normen, sondern richtet sich nach Leistungskriterien. Moralisches Handeln wird als effizientes und ökonomisches Handeln deklariert.
Prävention und Risikomanagement werden so zu moralischen Praktiken.
Unschwer lassen sich Ähnlichkeiten in der Situation von Erwachsenenbildungseinrichtungen und Büchereien erkennen.
Auch diese sehen sich als Mitspieler in einem künstlich geschaffenen Markt, wobei das Marktgeschehen der kommunalen Einrichtungen weniger darin besteht, nachhaltig gute Arbeit zu leisten, sondern viel mehr bis ausschließlich, sich im Wettstreit der medialen Wahrnehmung oft und vorteilhaft ins Bild zu rücken, damit die politischen Entscheidungsträger gute Gründe für eine erhöhte Budgetmittelwürdigkeit finden.

Abschließend hofft J. F. auf die Gegenmacht des Wissens:

Mit dem Wissen um die Funktionsprinzipien von neoliberalen Machtpraktiken wäre es der Erwachsenen- und Weiterbildung eventuell möglich, einen selbstbewussteren Standpunkt gegenüber der neoliberalen Bildungsrationalität zu behaupten, indem sie aus gutem Grund an Begriffen und Konzepten von Bildung und Teilnehmenden festhält, ohne die Förderung von Qualität in ihren Einrichtungen zu vernachlässigen.
Hoffen wir mit.




E-Bücher auch für Wiener Büchereien

Wie aus Wien-TV zu erfahren ist, wird es nächstes Jahr ein E-Books-Angebot in den Wiener Büchereien geben:

Auch im kommenden Jahr entwickeln sich die Büchereien weiter. Ab 2009 kommt die E-Bücherei ins Netz.
Markus Feigl, Leiter Büchereien Wien: "Ab 2009 werden wir vermehrt E-Books (...) und auch Musik zum Download anbieten."

Es ist anzunehmen, dass auch die Bediensteten darüber noch aus erster Hand informiert werden :-)

Weiters steht zu hoffen, dass im Unterschied zur RFID-Implementierung in den Wiener Zweigstellen die bisher gemachten Erfahrungen, z.b. hier oder hier und da und auch dort, und vielleicht das da, (wo auch auf den "Etikettenschwindel Onleihe" hingewiesen wird),  besser analysiert und mit den real im Wiener Magistratsambiente herrschenden Bedingungen in Bezug gesetzt werden, um es mal sehr neutral zu formulieren.  




Unausrottbare Bücherwürmer



Wieder mal fällt einem Redakteur einer Zeitung - diesmal des Standards in der Sonderausgabe "Postgraduate-Standard" vom letzten Wochenende in einem Bericht über das einschlägige Masterstudium eine Bibliothekarin - nichts anderes ein zu unserer Profession, als eben das, was im Titel aufscheint.
Dabei gäbe es, wenn man von der eher für BüchereibenutzerInnen verwendeten "Leseratte" absieht, doch auch andere buchaffine Lebewesen. Z.B. die:
Bücherlaus (Liposcelis bostrychophilus)
"ein völlig flügelloser, wahrscheinlich aus Afrika eingeschleppter Kosmopolit. In Mitteleuropa lebt sie in Gebäuden, meist in Küchen, Speisekammern, Vorratsspeichern und überall, wo Nahrungsmittel und weiteres organisches Material (Papier) gelagert werden. Daneben kommt sie auch in Vogelnestern vor."
Kosmopolit klingt doch schon besser! Und Büchereien mit gut ausgestatteten Küchen mögen wir alle! Und die meisten von uns lieben auch das Zwitschern der Vögel!

Eine wahre Schönheit dagegen ist der Bücherskorpion (Chelifer cancroides), der auch für unseren Job mit sehr brauchbaren Talenten ausgestattet ist:
"Neben den überlang wirkenden Scherenarmen verfügen Bücherskorpione über vier Laufbeinpaare, mit denen sie gleichgut vorwärts und rückwärts laufen können."
Wenn von ihnen weiters berichtet wird, dass sie trockene Räumlichkeiten bevorzugen, dann kann ich das angesichts der heutigen Regenfälle nur bestätigen.
Und dass sie sich "in engen Spalträumen verstecken" soll wohl die beengten Räumlichkeiten ansprechen, unter der BibliothekarInnen oft zu leiden haben. Weniger nett ist, dass Bücherskorpione ganz gerne Jagd auf ihre KollegInnen, die Bücherläuse, machen, ihnen ein Loch in den Körper bohren und dann aussaugen.
Naja, auch in Büchereiteams gibt es wohl gelegentlich Differenzen, die auf die eine oder andere Art bereinigt werden müssen.








Wohnzimmer der Stadt

Im Tagesspiegel; wird unter obigem hübschen Titel über die Rahmenbedingungen der Bibliotheken in Deutschland berichtet u.a. über die Notwendigkeit eines Bibliotheksgesetzes:

Eigentlich sollte die öffentliche Bibliothek das Wohnzimmer der Stadt sein, betonte die Generaldirektorin der ZLB, Claudia Lux. Die Bibliothek solle ein Ort sein, an dem man sich wohlfühlt, an dem man allein oder gemeinsam mit anderen lesen und arbeiten könne. Die Menschen bräuchten öffentliche Räume, die kostenlos für jedermann zugänglich seien. Das sollten endlich auch die Landes- und Bezirkspolitiker in Berlin erkennen.

In anderen europäischen Ländern wie Schweden, Finnland und Dänemark ist dieses Prinzip längst verwirklicht worden. Dort sieht es der Staat als seine Pflicht an, allen Bürgern einen kostenlosen Zugang zu den Bibliotheken zu ermöglichen. Das berichtete Siegmund Ehrmann, Bundestagsabgeordneter der SPD und Mitglied der Enquete-Kommission. Er wies darauf hin, dass Bibliotheken auch Bildungspartner für Kindertagesstätten, Schulen und Volkshochschulen sein sollten: „So kommen die Bibliotheken aus dem Legitimationsdruck heraus.“


Wie ein hochsommerliches Zirpen

nannte es ein Kollege, was die Intensität betraf. Ein anderer sprach von einer Nervenqual für alle LeserInnen, KollegInnen und dem Securitymann, weil es im Minutentakt piepste. Die Rede ist vom samstäglichen Flohmarkt ausgeschiedener Bücher aus der Hauptbücherei.
Es war aber nicht der Abschiedsschmerz, der die Bücher bewegte, sondern die Transponder bleiben gerne scharf, auch wenn die Bücher bereits makuliert sind.
Selbst wenn sie ordnungsgemäß entschärft worden sind, aktivieren sie sich wieder, wenn sie in die Nähe eines Lesefeldes geraten. Und ewig singen die Gates.







Die Kunden von Wien

Zumindest für Wien gilt, dass die Bezeichnung für Menschen, welche die Büchereienangebote nutzen, als "Kunden" nicht auf dem Mist der Büchereien gewachsen ist.
Die "Verkundisierung" ist ein Prozess, der den gesamten Wiener Magistrat, so auch den organigrammischen Wurmfortsatz Büchereien als "Winds of Change" ergriff. So bezeichnet es Michael Steiger in seiner Dissertation "Einführung des New Public Management in die Verwaltung der Stadt Wien und die Auswirkungen auf die Stadtplanung".(PDF 1MB)
Und er gibt auch das genaue Datum an, an dem diese Winde zu wirken begannen:

Wien, 22.8.1995. Dr. Ernst THEIMER ist seit 1. August Magistratsdirektor von Wien und publiziert die Schwerpunkte seines Programms für die nächsten Jahre:
„Der Magistrat Wien ist ein großer Dienstleistungskonzern, dessen Kunden die Menschen in dieser Stadt sind. Von den mehr als 70.000 MitarbeiterInnen sind nur etwa 7.000 im Rahmen der so genannten Hoheitsverwaltung tätig, alle anderen im Dienstleistungssektor ...
Diesen Servicecharakter der Stadtverwaltung gilt es in den nächsten Jahren nach den Kriterien der Kundenorientiertheit und Effizienz forciert weiterzuentwickeln. ...
Ziel ist die Zurverfügungstellung rascher, einfacher und zielführender Dienstleistungen für die Bürger Wiens, die als Kunden wahrgenommen werden sollen. ...
Der Konzern Magistrat mit der Magistratsdirektion als Zentrale soll die Beziehung zu seinen „Töchtern“, den Magistratsabteilungen, die ihrerseits Großbetriebe darstellen, überdacht werden ..." (S. 5f)

Und ab dann wurden alle alle zu Kunden: MitarbeiterInnen, LeserInnen, Erwachsene, Kinder.
Es wurde munter drauflosevaluiert, strukturanalysiert und strukturreformiert, leitgebildet, geworkshopped und gemoggt, raufoptimiert und runterflexibilisiert.
Die Büchereien mutierten zur Konzernfiliale und die Winde wurden immer rauher.

Mit den "Men in Black" der diversen Beratungsfirmen hatte es begonnen. Zu unserem Erstaunen wurden wir darüber aufgeklärt, dass unsere Tätigkeit ab nun konsequent an den Bedürfnissen unserer LeserInnen zu orientieren sei, weil diese nun Kunden wären.
Ein nächster Schritt war dann die sogenannte "Aufgabenkritik", an deren Ende die Beschränkung auf die "Kernkompetenzen" der Büchereien stand.
Ins reale Leben übersetzt: die Krankenhaus- und Lehrlingsbüchereien wurden geschlossen.

Inzwischen sind die letzten Personalressourcen erfasst und die großen, lärmenden Winde haben sich gelegt.
Die leisen Winde dagegen, die oft viel teuflischer sind, gehen nun von den Excelmeistern vulgo Controllern aus.
Unermüdlich stochern sie in ihrem Datenmüll, um die Kosten, die sie selbst verursachen, von den Mitarbeitern wieder hereinzukriegen, beispielsweise durch Reduzierung der Rezensionsexemplare oder durch die Einschränkung des Kinderanimationsangebots der Büchereien.

Wir sind Kunde – eine gefährliche Drohung?




Magistratischer Wurmfortsatz Büchereien?





Davon ausgehend, dass die hierarchische Ebene innerhalb der magistratischen Dienststellen annähernd der Bedeutung entspricht, die man der jeweiligen Abteilung zuweist, scheinen die Büchereien in Wien nicht überbewertet zu werden.
Im Unterschied zum Stadtarchiv und zur Wienbibliothek sind die Büchereien keine eigene Dienststelle, sondern nur eine nachgeordnete.
Womit sich die Zahl der Weisungsberechtigten (Pfeile) vervielfacht.




In schlechte Gesellschaft geraten?

Wie Die Presse berichtet, dürfte ein Mechitaristen-Pater aus der Bibliothek des Klosters eine Menge an Büchern sich anzueignen versucht haben:

Ein Polizei-Seelsorger soll in Wien antike Bücher im Wert von Zehntausenden Euro entwendet haben. Nun ermittelt der Staatsanwalt. Der Mann bestreitet jede Diebstahl-Absicht.
Es steht zu befürchten, dass  der langjährige Umgang mit den Seelen der Polizisten diesen Klosterbruder auf Gedanken gebracht hat, die wenig kompatibel mit dem Lebensentwurf mönchischer Entsagung zu sein scheinen.
Aber Gefängnisbibliothekare mit besonderem Beratungstalent werden immer mal wieder gesucht.



Weder Kundschaft noch Lesergut

Christian Hauschke, der in einem älteren Beitrag festgestellt hatte:
"Die Unsitte, von Bibliothekskunden zu sprechen und zu schreiben, beschäftigt mich schon etwas länger",
bringt in Infobib einige Zitate aus dem Buch “Perfekt versteckt : Ressourcenverschwendung in wissenschaftlichen Bibliotheken” von Pia Kluth, welche eine Definition dieses Kundenbegriffs ansprechen, hier die Schlüsselstelle:

"Anders als bei den Begriffen “Leser” und “Benutzer” führt die Bezeichnung “Kunde” zu weiteren Implikationen. Kundenwert, Kundenverständnis und Kundenbindung sind einige Anknüpfungspunkte, die von diesem Begriff ausgehen. Die Richtung ist deutlich, es geht um ein innovatives Bild der Bibliotheksklientel.
Das Wort “Kunde” löst Assoziationen aus, die Menschen und nicht Medien ins Zentrum bibliothekarischer Arbeit rücken. Kundenorientierung bedeutet, die Aufmerksamkeit auf Dienstleistungen zu richten, die Kundenbedürfnisse befriedigen."


Die Behauptung, dass "Kunde" den Menschen in den Mittelpunkt stelle und "Leser", "Benutzer" offenbar nur die Medien, ist weder von der Herkunft noch vom Alltagsgebrauch her belegt.
Wenn man davon ausgeht, dass "Kunde" in diesem Zusammenhang nicht im Sinne von "kundig" verwendet wird, sondern als Teil eines geschäftlichen Vorgangs, dann gehen die Assoziationen aus der täglichen Lebenspraxis heraus weniger in eine innovative Richtung, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, sondern eher in die "Buchbinder Wanninger"-Richtung, wo man sich als ein in einer Kundenservice-Center-Warteschleife Verfangener wiederfindet.
Offenbar ist die Autorin von der positiven Befüllung des Kundenbegriffs eh nicht so ganz überzeugt, wie sonst wäre ihr denn die an feudale Verhältnisse erinnernde Bezeichnung "Bibliotheksklientel" eingefallen, bei dem von Mittigkeit beim besten Willen nicht die Rede sein kann?

"Leser" und "Benutzer" dagegen lassen an Selbstbestimmte und selbst Bestimmende denken und signalisieren im Unterschied zur faden Allgemeinheit des "Kunden" eine individuelle Besonderheit. 

Kritische Beiträge zur Kundenmanie finden sich u.a. bei Ben Kaden in der Besprechung eines Buches über Bibliothek 2.0:

"Wenn der Nutzer zunehmend als ein die Bibliotheksangebote mitbestimmender Informationsprosument agiert, stellt sich die Frage, ob die Bibliothek noch Informationsdienstleistungen anbietet oder vielmehr Räume, in denen sich Information Life Cycles unter Beteiligung diverser Akteure vollzieht. Der - in meinen Augen schon jetzt missverständliche und missverstandene - "Kunden"-begriff wäre kaum noch zu halten - mehr denn je würden Nutzer wirklich "Nutzende" sein und darüber hinaus auch "Nutzen schaffende". Nachdem die kundenorientierte Bibliothek eine "just-in-time"-Konzeption im Sinne einer hochentwickelten Informationslogistik in ihr Zentrum rückte, wäre das Grundprinzip der die Bibliothek 2.0 nicht mehr nur "just-for-me", sondern darüber hinaus auch "just-by-me"."

Oder hier:

Die Verwendung der Bezeichnung „Kunde“ halte ich, das als Einstieg, für unpassend. Kundschaft steht synonym für Käuferkreis, der Kunde ist jemand der „ein Geschäftsangebot wahrnimmt“ (Pfeifer, W.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 4. Aufl., München, 1999, S. 744). Hier wird sofort die Box der Analogie zum Wirtschaftsunternehmen geöffnet, die uns die Pandora des „Effizienzmanagement“, welche durch so manche bundesdeutsche Amtsstube reitet, hinterlassen hat, die aber die Bedeutung der Bibliothek absolut verkennt.

Angesichts der inhaltlichen Armut des Begriffs "Kunde" bzw. seiner nicht wegzudiskutierenden ideologischen Ausrichtung fragt sich, wieso ausgerechnet im Bibliotheks- und Büchereiwesen, wo eine gewisse sprachliche Sensibilität vermutet werden darf, dieses Unwort derart Verbreitung gefunden hat.
Schließlich hat es in früheren Zeiten zwar gelegentlich ein von schwarzer Pädagogik geprägtes Verhältnis zwischen Bibliothekspersonal und BenutzerInnen gegeben, doch hat sich diese Institution nie dazu verstiegen, ihre Leserschaft analog dem in der Ärzteschaft gern gebrauchten Begriff "Patientengut" als "Lesergut" zu bezeichnen. 






Hier spricht der Bibliothekspolizist *)

Aus einem Memo zu einer Leserin, die Unerhörtes gewagt hatte:

"25 Medien ist die Obergrenze!! Leserin wollte bei 29 Medien noch ausleihen!!! NICHT MACHBAR!!! HB 14.05.2005"
Drei Jahre lang trug die Leserin dieses Brandmal mit sich herum, offen ersichtlich für alle Bediensteten, die mit ihr oder ihrem Benutzerkonto zu tun hatten. Drei Jahre lang hat sich niemand dafür geniert. Bis heute.






*) ad "Bibliothekspolizist"