bi-ba-buechereien

Die absperrbare Bücherei

Aus einer bildungspolitisch für gewöhnlich hart an der Zuverlässigkeit schrammenden Quelle ist zu entnehmen
Ron Wood (61) kann einfach nicht die Finger von seiner Ekaterina (19) lassen. Jetzt lud er sie sogar in seine Entzugsklinik ein - zum sexy Stelldichein in der Bücherei. (...)
Da scheint jemand von der Kamapagne "Treffpunkt Bücherei" nachhaltig sozialisiert worden zu sein. Bei der folgenden Information
Zum Schäferstündchen schlossen sich Ron und "Kat" in die Bibliothek ein
stellt sich einem als Angehörigen der Berufsgruppe umgehend die Frage: was macht inzwischen das bibliothekarische Personal? Geht es mittagessen oder bleibt es in der Bibliothek und widmet sich der Fortbildung? Auch der nächste Satz wirft Fragen auf:
Was wohl Rons Ehefrau Jo (53) zum Bücher-Tête-à-tête ihres untreuen Gatten sagt?
Heißt "Bücher-Tête-à-tête", dass sie sich doch auch mit Büchern und nicht nur miteinander konfrontiert hatten? Oder sollte das generationenübergreifende Paar vielleicht frevelhafterweise Bücher als Unterlage für sein Tête-à-tête verwendet haben, weil auf alten Steinen liegt es sich vielleicht nicht so gut?
Wie auch immer, in Wien wäre sowas nicht passiert. Dort gibt es bekanntlich seit einigen Jahren keine Spitalsbüchereien mehr, weil die zuständige Stadträtin der Meinung war, dass die Spitäler für die Büchereien selbst aufzukommen hätten, wenn sie welche wollten.
Die Spitäler sahen das anders und Ron Wood hätte für die Betätigung seiner Finger eine andere öffentliche Örtlichkeit finden müssen.
Dabei wäre das doch ein netter Aufmacher mit Bild für die "Rathauskorrespondenz" gewesen:
"Stadträtin Laska übergibt Rolling Stone den Schlüssel der Spitalsbücherei!!"



Wenn Robinson eine Bibliothek benutzt

Das Bibliotheksportal hat einen in den USA entwickelten "Bibliothekswertrechner" adaptiert und bietet ihn für Bibliotheken und Büchereien für ihre Webauftritte zum Download an, denn:

Der Wert Ihrer Bibliothek ist ja eigentlich unschätzbar: als Lernort, Familientreffpunkt, Informationszentrum, Schatzkammer, Raum für Konzentration, Zeit(reise)maschine und vieles andere mehr.
Dennoch - Bibliotheken zahlen sich aus. Wie viel ist ein Bibliotheksbesuch wert?

Was als nette Spielerei daherkommt, scheint bei näherem Hinsehen ideologisch ziemlich aufgeladen zu sein.
Es reiht sich ein in die Kostenaufstellung, welche Kassenpatienten bekommen, damit sie wissen, was ihre Behandlung "wert" ist und korrespondiert mit dem dummen Spruch "was nichts kostet, ist nichts wert".

Denn welche Botschaft sollen die BibliotheksbenutzerInnen aus dem Ergebnis dieser Berechnung der in Anspruch genommenen Dienste herauslesen?
Dass der Betrieb von Bibliotheken was kostet?
Vermutlich wissen das die meisten.
Dass die Finanzierung aus Steuergeldern erfolgt und aus den Benutzungsbeiträgen?
Scheint auch wenigen verborgen zu bleiben.
Und für diejenigen, die es doch noch nicht wissen, könnte eine große Tafel im Eingangsbereich mit einer detaillierten Aufstellung des Bibliotheksbudgets nützlich sein.
Am Besten im Verbund mit einer zweiten Tafel, auf dem die Budgets für andere Einrichtungen und kommunalen Events aufscheinen, die oft um ein Vielfaches höher sind.
Doch so etwas gäbe natürlich Ärger mit den Bibliotheksbetreibern.
Da ist es doch viel geschmeidiger, den BüchereibenutzerInnen vor Augen zu halten, wie gut das Land, die Kommune, zu ihnen ist, auf dass sie dankbar seien und ohne Mucks Verspätungs- und sonstige Gebühren berappen. Und auch sonst im Leben nie darauf vergessen, dass sie ein Kostenfaktor sind.

Nebenbei: die zugrunde liegenden Einheiten beim Bibliothekswertrechner gehen offenbar davon aus, dass die jeweiligen Benutzerinnen Robinsone seien, die als einzige die Bibliothek benutzen, denn es wird u.a. der volle Einkaufspreis der einzelnen Medien angerechnet. Auf diese Weise kommen natürlich ziemliche Summen zusammen, die völlig außer acht lassen, dass die Medien einem massiven Sharing unterworfen werden und die Bibliothek eben von Vielen benutzt wird.

Ein weithin bekannter und zeitweise sehr exzessiver Bibliotheksbenutzer hat sich einstens über solche "Robinsonaden" ziemlich abfällig geäußert und zu Recht lustig gemacht.

"Digital oder geschlossen?"

Unter dem Titel Digital oder geschlossen?: Die Bibliotheken der Zukunft sendet Bayern 2 am 30. Juli 08 um 18.05 ein Feature. Aus dem Vorbericht ist zu vermuten, dass es sich dabei vorwiegend um ein Pushen der Digitalisierung der Buchbestände bzw. um eine verstärkte Umorientierung auf die virtuelle Bibliothek gehen dürfte.
Um die "traditionellen" BibliothekarInnen nicht ganz zu entmutigen, wird ihnen großmütig ein Nischenplätzchen zugewiesen, sofern sie bereit sind, sich auch dorthin zu "mausern".
Aktivitäten werden aufgezählt, die - und viele andere noch dazu - in den meisten Bibliothekssystemen bereits längst State of the Art sind.
Wieder mal läßt sich der Eindruck nicht verwischen, dass hier jemand über die Zukunft der Bibliotheken redet, der über die Gegenwart wenig Ahnung hat:

Die Bibliothek als kulturelles Kraftwerk

Doch die digitalen Angebote allein werden nicht reichen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Das haben auch viele Bibliotheken erkannt: Sie mausern sich daher von der reinen "Buchausgabestelle" zum "Kompetenzzentrum für lebenslanges Lernen", kooperieren mit Schulen, bieten literarische Krabbelgruppen für Mütter mit Kleinkindern an und sprechen mit Kursen für kreatives Schreiben Senioren an. Egal wie virtuell die Bibliothek von morgen also auch sein wird - der Ort selbst, die "gemauerte Bibliothek" verliert dadurch nicht an Bedeutung. Sie hat eine zweite Chance: als Ort der Begegnung und als "kulturelles Kraftwerk".


"Der Computer als Bibliothekar"



So steht es als Inhaltspotpourri auf der hinteren Coverseite von Peter Müller: Atome, Zellen, Isotope. Die Seibersdorf-Story. Und so beginnt das Kapitel über dieses Wunderding:



Der putzige Text aus dem Jahr 1977 erschien übrigens zeitnah zur Regierungskampagne für die Inbetriebnahme des fertiggestellten Kernkraftwerks Zwentendorf und hatte nicht zuletzt die Funktion, der "friedlichen Nutzung der Atomenergie" ein patriotisches Antlitz zu verpassen. Hat aber nicht so ganz hingehauen, denn bekanntlich wurde 1 Jahr später die Atomkraft als Energieproduzent von der österreichischen Bevölkerung verhindert.

Im Ensemble der österreichischen Nachkriegsmythen nimmt das "Forschungszentrum Seibersdorf der Österreichischen Studiengesellschaft für Atomenergie", das 1956 gegründet wurde, einen besonderen Platz ein: Neben der verstaatlichten Großindustrie und dem Wasserkraftwerksbau (Tauernkraftwerk) signalisierte dieses Forschungszentrum den Anspruch, im zukunftsträchtigen High-Tech-Bereich künftig eine Rolle spielen zu wollen; und Atomenergie war damals sehr sexy und das Mythen-Österreich stolz, auch einen, wenn auch kleinen Atomreaktor betreiben zu dürfen.
In Seibersdorf zu arbeiten, hatte ungefähr ein so hohes Sozialprestige wie beim Österreichischen Fernsehen oder bei der 1957 gegründeten UNO-Einrichtung IAEO angestellt zu sein. Nur Toni Sailer zu sein galt damals mehr.
Der Zustrom von Protektionskindern zu diesen Institutionen (bei Sailer warens die "guten Freunde") blieb nicht aus. Helmut Qualtinger lästerte dazu in Bronners Song "Der Papa wirds scho richtn":

Na wie ma so sitzen in der Eden und reden,
inzwischen war´s schon viertel, halber drei,
da sag´ ich - nachdem ich bißl grübel: "Gießhübl!
Ich hör´, Du hast a kleine Schererei?
In unseren Kreisen spricht man überall davon,
man hätte Dich einfach abgelehnt
für irgendein´ Job bei der Atomkommission
mit monatlich dreizehntausend Schlei als Lohn,
sie sag´n, Du wärst zu unintelligent!"

Da sagt der Gießhübel darauf: "Na klar,
a bissel was is´ schon d´ran wahr,
wann´s d´z´ruckdenkst noch an uns´re Schul,
da war ich eher schon a Null
Na und die Universität ...
Du kennst mi ja, das liegt mir net.
Drum war ich bisserl desperat
als man mich dort net g´nommen hat."
Drauf sag´ ich: "S´tät mich int´ressier´n
wirst Du da gar net protestiern?"
"Zu was", sagt er, "soll ich mich strapazier´n?

Der Papa wird´s schon richten, der Papa wird´s schon richten,
das g´hört doch zu Pflichten von jedem Herrn Papa.


Im Fall Seibersdorf presste die FPÖ während ihrer Regierungsbeteiligung ab 2000 so viele ihrer Versorgungsfälle vor allem aus dem burschenschaftlichen Bereich in dieses Forschungszentrum, dass es nach einiger Zeit am Rand der Zahlungsunfähigkeit war und radikale Maßnahmen notwendig waren, um es zu retten. Und bis in jüngste Zeit bedurfte es einigen Aufwands, diese Bande wieder loszukriegen.

Hat aber irgendwie nichts mehr mit dem "Computer als Bibliothekar" zu tun.

RFID in der Bücherei (4) - Vom Fladern c) aus der Zweigstelle

In einer jener glücklichen Zweigstellen, die im Jahre 7 zum medialen Hochsicherheitstrakt ausgebaut werden sollten, befindet sich das CD-Regal gegenüber der Ausleihetheke, wodurch für eine unverbuchte Mitnahme dieser Medien ein gewisses Maß an Geschick und Kaltblütigkeit vonnöten ist. Der Abgang hält sich somit in Grenzen. Für die DVDs und CD-Roms wird ein Platzhaltersystem verwendet.

Was natürlich sowohl hinsichtlich der Einarbeitung als auch bei der Ausleihe mehr Aufwand bedeutet; außerdem erhöhte Materialkosten durch die zusätzliche Hülle. Daher stand die Belegschaft der Bücherei vor der Entscheidung, ob nach der Transponderisierung des Medienbestands dieser zusätzliche Aufwand noch zu verantworten sei; denn die Einführung der RFID-Verbuchung ging zwar nicht mit einer Personalkürzung einher, doch durch die Erweiterung der Öffnungszeiten erfolgte naturgemäß eine Verknappung der Verwaltungsarbeitszeit.
Für die Auflassung des Platzhaltersystems sprach, dass es kontraproduktiv wäre, wenn die BenutzerInnen - vor allem in der Umgewöhnungsphase auf die Selbstverbuchung - bei einer DVD-Ausleihe erst recht wieder das Büchereipersonal in Anspruch nehmen müssten. Da vermutlich die Arbeitsersparnis durch Selbstverbuchung und Stapelausleihe vor allem in den ersten Monaten nicht so groß sein werde, dass damit die längere Öffnungszeit kompensiert würde, könne man sich keine "Luxusarbeiten" mehr leisten.
Dem wurde entgegengehalten, dass die Erfahrungen in der Hauptbücherei im Hinblick auf die Sicherung der audivisuellen Medien nicht so toll seien und es wäre schade, wenn der mühsam erkämpfte DVD-Bestand vor der Zeit schmelze.
Dem wurde - vor allem auch von der Leitung der Wiener Büchereien - entgegengehalten, was sechs Monate später Jenny Oltersdorf in ihrer Magisterarbeit hinsichtlich der geringeren Kontrollierbarkeit von Beschädigungen bei automatisierter Rückgabe schreibt:

"damit der Bestand in Öffentlichen Bibliotheken nicht veraltet, sollten jährlich 10 Prozent des gesamten Medienangebotes erneuert und entsprechend veraltete oder beschädigte Medien makuliert werden. Dadurch wird der Bestand Öffentlicher Bibliotheken ... in regelmäßigen Abständen vollständig ausgewechselt" (S. 30)
Dem wurde entgegengehalten, dass es nicht leicht fallen werde, Langfinger ausschließlich auf die regelmäßige Entwendung veralteter oder beschädigter Medien zu konditionieren, um eine Erneuerung und nicht Veralterung des Bestands zu gewährleisten.
Das Thema Arbeitsbelastung wurde schließlich durch ein Mitglied der Leitung mit der launig hingeworfenen Bemerkung fokussiert: "Dann kommts aber ned her und jammerts, dass ihr so viel Arbeit habts!" Diese wohl unbeabsichtigte paradoxe Intervention gab den Ausschlag: das Platzhaltersystem wurde beibehalten.

Die darauf folgenden Erfahrungen waren unspektakulär: es gab keinen auffallenden Medienschwund, sondern nur zahlreiche Fehlalarme beim Verlassen und Betreten der Bücherei, die Manipulationen mit den Platzhaltern machten weniger Arbeit als die Versuche, die audivisuellen Medien zu verbuchen bzw. die BüchereibenutzerInnen in den Selbstverbuchungsfrust zu jagen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich bezüglich des Mediensicherungsaspekts nichts geändert hat. Mit einer Ausnahme: wenn in präelektronischen Sicherungszeiten jemand mit einem großen Buch oder mehreren Medien an der Ausleihetheke vorbei dem Ausgang zustrebte, dann musste er damit rechnen gefragt zu werden, ob die Medien schon verbucht seien. Solche Belästigung entfällt nunmehr, da davon auszugehen ist, dass das Sicherungsgate ungefragt eine Antwort gibt.
Bei unlauteren Absichten und bei minimalen Kenntnissen, die in wenigen Minuten ergoogelt werden können, bleibt aber auch das Gate stumm.

Womit die Chance steigt, dass gegenüber früher nunmehr eher umfangreichere Werke ihr Oneway-Ticket in die privaten Haushalte lösen und damit das Platzproblem in der Bücherei zwar nicht gelöst, aber deutlich entschärft werden kann.



Bisher zum Thema:





RFID in der Bücherei (3) Vom Fladern b) durch die BesucherInnen

Bei den zahlreichen Einbrüchen in den Wiener Büchereien im letzten Jahrzehnt wurde von den Einbrechern zwar die Kassen ausgeräumt, doch die Entleih-Medien nicht angerührt. Anders ist es mit jenen BüchereibenutzerInnen, die während der Öffnungszeiten kommen und sich ihren Anteil am gesellschaftlichen Eigentum zu sichern glauben, indem sie Teile des Büchereibestands privatisieren.
Einen Bücherschwund hat es bekanntlich immer gegeben, in kleineren, überschaubaren Büchereien weniger, in größeren mehr. Dem Einhalt geboten hat, neben dem Gewissen der BenutzerInnen und der sozialen Kontrolle, vor allem eine entsprechende Präsenz des Bibliothekspersonals sowie die Sicherung privatisierungsanfälliger Medien: beispielsweise ein Platzhaltersystem für CDs, Videos, DVDs.
Da das Handling hiefür zumeist recht zeit- und damit personalkostenkostenaufwändig ist, wird deren Einsatz zunehmend mit dem Wiederbeschaffungswert von entwendeten Medien gegengerechnet und in steigendem Ausmaß auf diese Sicherung verzichtet.
Glücklich macht das aber nicht, weil es den BibliothekarInnen in der Regel um die konkreten, in ihren Augen oft auratischen Medien leid tut, die der Bücherei verloren gehen, auch wenn ihr buchhalterischer Wert gegen Null tendieren sollte.
Der Einsatz von RFID-Etiketten versprach nun die optimale Lösung für dieses Problem zu sein.
Ein wesentliches Argument für die Einführung von RFID-Systemen war daher allemal der Sicherungsaspekt, ein Schlüsselreiz, für den vor allem Politiker, die das budgetmäßig zu bewilligen haben, überaus empfänglich sind.
Neben den Schlagworten "Personaleinsparung" und "Serviceverbesserung" ist daher "Sicherheit" wohl zu gut einem Drittel für die Pro-RFID-Entscheidung von politischer Seite verantwortlich.
Auch in keiner der Ankündigungen von Bibliothekssystemen, die auf RFID-Verbuchung umsteigen, fehlt dieser Hinweis, was vermuten läßt, dass die BibliothekarInnen den Versprechungen der Herstellerfirmen vertrauten.

In Wien gab es bis zum Abend des ersten Ausleihetages mit dem neuen System ebenfalls entsprechend hohe Erwartungen:

"beschleunigte Ausleihvorgänge, eine verbesserte Diebstahlsicherung," schreibt Bernhard Wenzl in seiner Projektarbeit "RFID in der Hauptbücherei Wien (2006)" und zitiert deren Leiter Christian Jahl: „Die neue Technologie erschien uns als Chance ... die ... Diebstahlsicherung zu vereinfachen. "
Also werden in der Hauptbücherei 300.000 Medien vertrauensvoll mit den Transponder-Etiketten beklebt und initialisiert, denn

"Diebe haben keine Chance, die eingebaute Sicherheitsfunktion macht bei einem Diebstahlsversuch laut auf sich aufmerksam: Geht man mit einem nicht ausgecheckten Buch unter der Jacke durch die Schranke am Ausgang, ruft ein Signalton das Personal herbei. So, wie man es schon aus Kaufhäusern kennt." (ChangeX)
oder:

"In der neuen Wiener Hauptbücherei piept es. Jedes Mal, wenn jemand die öffentliche Bibliothek verlassen will, die Bücher aber noch nicht den digitalen Stempel "ordungsgemäß entliehen" tragen, ertönt ein Signalton. Das schreckt Diebe ab und erfüllt somit einen der Zwecke, die die Bücherei mit der Einführung von RFID-Chips (Radio Frequency Identification) verfolgt.(In Wien funken die Bücherwürmer")

Am Abend des ersten Ausleihetages in der neuen Hauptbücherei war ein beträchtlicher Teil des DVD- und CD-Bestandes ohne Verbuchung weg. Dieser massenhafter Privatisierungsprozess hielt in den nächsten Tagen an. Hernach wurde durch einige Maßnahmen, die mit dem RFID-Sstem nichts zu tun haben, der Schwund verringert.
  • "Wir haben nach einem Medium für die Sicherung gesucht ..."
  • "Wir sind rundum zufrieden".
  • "Bis zum heutigen Tag hat der Einsatz dieser zukunftsträchtigen Technik alle Hoffnungen und Erwartungen restlos erfüllt"
Nach einiger Zeit gibt es einen Umstieg auf andere Transponderetiketten, von denen man sich bessere Ergebnisse verspricht. Die Firma Bibliotheca-RFID-Library-Systems schreibt dazu auf ihrer Website:

"Auch die Ringlabels der CDs/DVDs können gleichermaßen wie die Bücherlabels nun perfekt erkannt und verarbeitet werden. Diese Erfolge tragen Früchte: Wir freuen uns, dass ab Juni 2007 drei weitere Zweigstellen auf das BiblioChip RFID-System umgestellt haben, so dass ab September 2007 die Besucher sowie die Mitarbeiter von der neuen Technologie profitieren konnten. “

Also hockten wir MitarbeiterInnen dieser 3 glücklichen Zweigstellen im heißen Summer in the City 07 uns an die PCs und etikettierten und initialisierten insgesamt 100.000 Medien.



RFID in der Bücherei (2) - Vom Fladern a) durch die Bediensteten

Diebstahl oder klauen, um ein adäquateres Wort für das wienerische "Fladern" zu verwenden, ist in Bibliotheken und Büchereien bekanntlich kein ganz neues Thema und wird auch in den Medien periodisch abgehandelt, wenn ein aufsehenerregender Fall aufgedeckt wird oder eine neue Technik dem Buchschwund Einhalt zu geben verspricht.
Auch im Buch "Der Bibliothekar" von Gottfried Rost wird auf dieses Phänomen eingegangen. Neben einigen spektakulären Diebstahlsfällen werden aber auch Bibliothekare genannt, die wegen Bücherdiebstahls entlassen wurden. Es ist anzunehmen, dass die Tendenz zur immerwährenden Vereinigung von BibliothekarIn und Buch eine diesem Berufsstand innewohnende Konstante ist.
Denn ein Buch scheint nur für die Uneingeweihten ein selbstverständliches, triviales Ding zu sein. BibliothekarInnen wissen aber, dass es ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und psychopathologischer Mucken. Soweit das Buch nur zum Lesen benutzt wird, ist nichts Mysteriöses an ihm, aber für die BibliothekarInnen stellt es sich allen andren Gegenständen gegenüber auf den Kopf und entwickelt aus seinem Holzpapier Grillen, viel wunderlicher, als wenn es aus freien Stücken zu tanzen begänne.
(Wem diese Zeilen bekannt vorkommen, der kann hier vergleichen :-)
Es hat eine Zeit gegeben, dass diese Fetischbeziehung als eine Art Aufnahmebedingung für den Büchereidienst angesehen wurde: in meinem Ausbildungskurs hat der Vertreter der Magistratsdirektion, der uns das Dienstrecht einbläuen sollte, launig gemeint, dass er unserer Personalchefin geraten habe, bei Aufnahmetests die BewerberInnen zu fragen, ob sie schon mal ein Buch stehlen wollten. Und nur jene, die dies bejahten, seien als geeignet für den Büchereidienst anzusehen.
Vermutlich hat sich das Anforderungsprofil in der Zwischenzeit etwas geändert und ich vermute, dass die besondere Beziehung der BibliothekarInnen zum Buch zwar einen starken Antrieb zum Fischen im eigenen Bibliotheksbestands erzeugt, der soziale Antrieb in der Regel aber ungleich größer ist und daher unverbuchte Entnahmen durch Bibliotheksangestellte vergleichsweise unterdurchschnittlich oft erfolgen.
Was aber nicht heißt, dass die Medien auch immer entsichert sind, die sie für sich verbuchen. Denn es gehört fast zur Begleitmusik beim Eintreten von BibliothekarInnen in eine Bücherei, dass der Warnton erklingt. Passiert dies während der Ausleihe, lassen spöttische Blicke und Bemerkungen zumeist nicht lange auf sich warten ...

Wie man sieht, für Büchereibedienstete braucht es keine Mediensicherung bzw. wäre sie sinnlos. Hier greift in weit höherem Maße das soziale Gewissen.

Anders scheint es allerdings bei jenen zu sein, für die das Herz der sozialen BibliothekarInnen schlägt, bei den BüchereibenutzerInnen.
Dazu demnächst.

RFID in der Bücherei - mit langen Armen gehts

Nach einem dreiviertel Jahr in Gesellschaft von Selbstverbuchungsautomaten mit einem stagnierendem Anteil von 17-19% an den Gesamtentlehnungen, nach stetigem Ärger mit störrischen Transpondern und stotterndem Bildschirmaufbau bei der Theken-Verbuchung sowie anderen netten berufsbegleitenden Erscheinungen, neigt auch der beflissendste, tunnelblickendste Büchereibedienstete dazu, sich kundig machen zu wollen. Nämlich ob dieses Zeugs, das bisher mehr Arbeit gebracht hat und langsamere Verbuchungsvorgänge, sowie jede Menge Fehlalarme, und damit einhergehend unzufriedene BüchereibenutzerInnen produziert, anderswo besser funktioniert.
Erste Google-Ergebnisse strotzen voll eitler Wonne und Zufriedenheit: egal ob es die Kosten sind, das Handling, die "Kunden"zufriedenheit - der Einsatz von RFID in Bibliotheken lässt offenbar nur frohe Bibliothekarinnen zurück.
Notorische Nörgler mögen vielleicht vermerken, dass die meisten dieser positiven Stellungnahmen entweder von VertreterInnen jener Firmen kommen, die an dem Ganzen was zu verdienen haben oder von jenen, die für den Ankauf verantwortlich sind bzw. davon leben, wie BibliotheksdirektorInnen oder EDV-Referentinnen etc.
Die wenigen Hinweise, dass sich audiovisuelle Medien nicht immer so ganz super mit Transponderetiketten vertragen, scheinen sich in der täglichen Praxis offenbar nicht auszuwirken, denn sonst wäre der angebliche Geschwindigkeitsvorteil bei der Verbuchung nicht gegeben und der anderswo bis zu 90%ige Anteil an von den BibliotheksbenutzerInnen selbst verbuchten Medien nicht möglich.
Warum klappt es nun überall und nur bei uns nicht? Ist es das miese Karma der Belegschaft wegen der Nichtbefolgung des Rates der Arbeitsmedizinerin, die uns bei ihrem Besuch die regelmäßige Einnahme von Zitronengrastee - sie empfahl Teesäckchen vom Hofer (="Aldi)" - ans Herz legte sowie die Lektüre der 5 Tibeter, als wir auf den durch die vielen Geräte erzeugten Dauergeräuschpegel hinwiesen und auf die doch recht beträchtliche Abwärme?
Oder fehlt es an der nötigen Ausdauer, wenn das Selbstverbuchungsgerät zum xten mal Timeout hat oder die Leserinnen zur Theke jagt, weil irgendwas nicht in Ordnung sein soll? Worauf sie kleinmütigerweise künftig dieses innovative Gerät meiden?

Da bekanntlich in solchen Fällen, wenn die Gegensätze ihre lebendige Beziehung und Wechselwirkung verloren haben, das Bedürfnis der Philosophie entsteht, wie es Herr Hegel mal formuliert hat (wahrscheinlich in dem Augenblick, als das Sicherungsgate höhnisch lospfiff, gateals er mit zwar verbuchten, aber durch das heimtückische Selbstverbuchungsgerät nicht entsicherten Medien durchschreiten wollte, sodass sich alle Augen dem armen Herrn Hegel zuwandten und ein Bibliothekar ihn herrisch zu sich winkte?), will ich an die Sache theoretisch herangehen und greife berufskrankheitsbedingt zu einem Buche: "Anwendung von RFID-Systemen" von Christian Kern. Aufschluss über die Ursachen unseres Versagens fand ich da zwar auch nicht. Aber eine Zeichnung im Buch machte mir deutlich, dass es offenbar anderer Bibliothekare bedarf, um die Verbuchung so zu tätigen, dass sie doppelt so schnell ist wie die Verbuchung mit Barcodes. Denn die fürs Funktionieren notwendige Entfernung der RFID-Antenne zu den anderen Geräten wie PC, Tastatur, Bildschirm, Maus, Kassenbondrucker, muss laut Buch und Zeichnung so groß sein, dass es ausreichender Armlängen bedarf, um alle diese Gegenstände beim Verlauf der Verbuchung auch zu erreichen (das Bunte ist von mir zwecks besserer Anschaulichkeit hinzugefügt worden):



Vielleicht sollte dies in der Ausbildung künftiger Büchereibediensteter beachtet werden.

Beispielsweise die Abhaltung von Hängeseminaren:

oder oder


Auch die Eignungstest sollten entsprechend adaptiert werden und das wesentliches Aufnahmekriterium das Türanklopfen in aufrechter Körperhaltung sein (natürlich würde es sich dabei um eine im Boden eingelassene Falltüre handeln):



BibliothekarInnen müssen flexibel sein. Ich hoffe, auch wir werden es noch lernen.

Bibliothekare: "Eine Art Küster"

In Beamte. Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Aspekte des k.k. Beamtentums" von Karl Megner wird auch auf das Schicksal der Bibliothekare und auf ihr Ansehen im k.k.Beamtenstaat eingegangen.

Bibliothekare (und Archivare) wurden sozial und bürokratieintern als bessere Magazineure, „eine Art Küster“, als Verwahrer dessen, was nach dem Skartieren übrig blieb („alte Registratur“), als skurille, graue Mäuse angesehen, die das Tageslicht scheuen und in alten Scharteken bzw. Akten lesen (Spitzweg-Image). Bis zum heutigen Tage bemühen sich einige Angehörige der genannten Dienstzweige, diesem Image gerecht zu werden.
Im 19. Jahrhundert waren die Bibliotheken mit dem systemisierten Personal nur schwer in der Lage, der steigenden Informationsflut Herr zu werden. In der Bibliothek der Universität in Wien arbeiteten im Jahr 1832 ein Bibliothekar, zwei Custoden und zwei Scriptoren. Sechzig Jahre später waren zusätzlich fünf Praktikanten und 19 Volontäre zur Aufrechterhaltung des geordneten Bibliotheksbetriebes notwendig. 15 Volontäre erhielten jährlich je 300fl. „Remuneration“, weniger als die Hälfte des niedersten Beamtenbezuges! Bereits im Jahr 1873 wurden die Bibliothekare an staatlichen Bibliotheken durch Bestimmungen der ersten umfassenden Rang- und Gehaltsregelung für k. k. Beamte diskriminiert. Der Unterrichtsminister hatte im Parlament im Interesse der sozialen Distanzierung vor allem der Universitätsprofessoren den Einwand gebracht, wenn die Universitätsbeamten und Bibliothekare nach dem neuen Gesetz besoldet würden, könnten die Bibliothekare bis zu 3600fl. jährlich erhalten, während ein Professor der Wiener Universität maximal 3200 fl. Gehalt beziehe. Dieser Argumentation schloß sich die Majorität des Abgeordnetenhauses schließlich an. Der hierarchische Unterschied zwischen den Universitätsprofessoren und den Bibliothekaren blieb auch im finanziellen Bereich bestehen.
Im Jahr 1889 wurden die Bezüge der Bibliothekare an den Universitäts- und Studienbibliotheken und an den Bibliotheken der technischen Hochschulen erhöht. Der höchste erreichbare Bezug (Bibliothekar an der Universitätsbibliothek Wien) betrug nun 2600 fl.; ein ranggleicher Beamter (VI. Rangklasse) eines anderen Verwaltungszweiges erhielt zwischen 2800 und 3600 fl. Bei den Custoden, Scriptoren und Amanuensen war die Benachteiligung in der Relation noch größer: Ein Amanuensis, der in der neunten Rangklasse war, erhielt um 500 fl. weniger als ein gleichfalls in der neunten Rangklasse stehender Gymnasialprofessor. „Das ist doch keine Lösung der Existenzfrage für Männer zwischen 30-40 Jahren“, schrieb die Beamtenzeitung und forderte, daß Anwärter für den Bibliotheksdienst ein mit Doktorgrad abgeschlossenes Studium nachweisen müßten; dann allerdings müßten die Gehälter entscheidend aufgestockt werden. Bloße Einreihung in höhere Rangklassen genüge nicht, denn:
„Geld ist in gewissem Sinn auch Ehre, jedenfalls ist es Mittel zur äußeren Ehre... Rangclasse und Gehalt gehören untrennbar zusammen und postuliren einander“.
Auch die Titel der Bibliothekare wurden als obsolet betrachtet. „Amanuensis und Scriptor... wird kaum jemand gebrauchen, der das Recht hat, mit einem academischen Titel angeredet zu werden.“
Erst im Jahr 1896 wurden die Bibliothekare der staatlichen Bibliotheken auch gehaltsmäßig dem allgemeinen Besoldungsschema eingegliedert.
Ganz läßt sich der Eindruck nicht abstreifen, dass sich die Position der BibliothekarInnen - sowohl wiss. als auch öff. - nicht wirklich gebessert zu haben scheint.
Weder was die Bezahlung betrifft, noch hinsichtlich der Anerkennung durch Dienstgeber und mediale Öffentlichkeit kann einem so richtig warm ums Herz werden.
Dass auch der Verfasser dieser Studie ein in dieser Allgemeinheit sicherlich unzutreffendes Vorurteil weiter pflegt, läßt sich aus dem von mir angefetteten Satz durchaus vermuten.
Vor die Wahl gestellt zwischen Geld oder Titel würden wir heutigen BibliothekarInnen sicher auch gerne zum schnöden Mammon greifen. Doch diese Wahl wurde uns auch durch die Gemeinde Wien nicht angeboten. Stattdessen eliminierte sie quasi ohne Lohnausgleich für die B-Bediensteten alle Titel unterm Amtsrat, was so schöne Anreden wie "Büchereiverwaltungsoberkommissär" heute nicht mehr zulässt.
Die C-Bediensteten dagegen dürfen den vergleichbaren Titel (ohne "verwaltungs") aber weiter führen, da diese Position für die B-Bediensteten ein Posten in der Regellaufbahn ist, für die C-Bediensteten dagegen ein Aufstiegsposten - der letzte :-)
Aber auch die C-Bediensteten, die, auch das sei hier erwähnt, in den Wiener Büchereien die selbe Arbeit wie die B-Bediensteten machen, wurden nicht gefragt, ob sie Titel gegen "Gerstl" tauschen wollten. Was wohl ihre Antwort gewesen wäre?

Gelungene Veranstaltung in einer schönen Bücherei

Der Literaturblog "Duftender Doppelpunkt" berichtet über eine gelungene Abendveranstaltung in einer Bücherei zur Verleihung des Preises "Der Duft des Doppelpunkts" für literarische Texte aus der Arbeitswelt - veröffentlicht inzwischen im Buch "Rote Lilo trifft Wolfsmann", welches die Arbeiten der PreisträgerInnen versammelt .
Copyright Petra OllingerDie, wie auch aus den Fotos ersichtlich, durch und durch gelungene Veranstaltung fand in der Bücherei Sandleiten statt. Diese ist eine der ältesten Arbeiterbüchereien, welche vor einigen Jahren umsichtig und ideenreich erneuert wurde und zu den schönsten der kleinen Büchereien Wiens zählt.

Was bei den Büchereien wohl nie fehlen darf, ist ein Murks im Vorfeld. Der Anfrage von Duftender Doppelpunkt, ob die Veranstaltung im Veranstaltungssaal der Hauptbücherei stattfinden könne (was das Medieninteresse zweifellos erhöht hätte), wurde von seiten des Veranstaltungsreferat mit ziemlicher Arroganz abschlägig beantwortet, wie "Duftender Doppelpunkt" schreibt:
Denn trotz einiger “Unkenrufe” wie beispielsweise, dass das Thema Literatur der Arbeitswelt sowie unser Preis - sinngemäß - nicht zu aktuellen Neuerscheinungen, die von ALLGEMEINEM INTERESSE sind, passen - von einer veranstaltungsverantwortlichen Person einer öffentlichen “Buchleihinstitution” in Wien geunkt …
Es gab auch Institutions-”Stimmen”, die ihr Desinteresse damit begründeten, dass es sich bei diesen Texten ja nicht um Weltliteratur handelt …
Den Konter mit dem Begriff der "Buchleihinstitution" finde ich sehr gelungen, doch ein gewisser bitterer Nachgeschmack bleibt doch.

Copyright Petra OllingerAllerdings bot das "Ausweichlokal" vom Ambiente her einen viel angemesseneren Rahmen als es der doch recht sterile Veranstaltungssaal in der Hauptbücherei sein hätte können. Und ob eine derart gute Stimmung wie in der Sandleitenbücherei auch dort aufgekommen wäre, läßt sich bezweifeln.