bi-ba-buechereien

Fragemail des Tages

"Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wer hat uns mit der Ausfahrt eine große Korbtasche mit Hieroglyphentafeln gesandt?
Was soll die Hauptbücherei damit?"









Postämter-Schließung: Bibliotheken als Ersatz?



wird in der Presse gefragt:
In Linz könnten die städtischen Bibliotheken Aufgaben der Post übernehmen, schlägt Planungs-Stadtrat Luger vor.
Die städtischen Bibliotheken könnten als Postaufgabestelle fungieren.








Nein danke vor 30 Jahren

Durch die physischen Nachwirkungen der amerikanischen Nacht ist dieser Beitrag nicht mehr am 5. November, dem dreißigjährigen Jubiläum der erfolgreichen Volksabstimmung gegen die Atomkraft, fertig geworden, außer man nimmt US-Zeit.

Das unten angeführte lange Zitat stammt aus dem auch heute noch sehr lesenswerten Bericht aus den Eingeweiden einer Fachgewerkschaft: "Lehrjahre bei Bau-Holz. Erfahrungen in einer Gewerkschaftszentrale." von Karl Czasny.
Der Autor hatte sich nach dem Studium bei der Gewerkschaft um eine Anstellung beworben, um seine Kenntnisse in den Dienst der ArbeitnehmerInnen zu stellen.
Bei der Gewerkschaft "Bau-Holz" schließlich erhielt er eine Anstellung in der Statistischen Abteilung.
In tagebuchartigen Aufzeichnungen bietet er einen erhellenden Einblick in die Kultur von Gewerkschaftszentralen, die sich, wie auch nach heutiger Lektüre leider festzustellen ist, nur wenig geändert hat.
Da die Tätigkeit von Karl Czasny gerade in die Zeit der österreichweiten Diskussion um die Inbetriebnahme eines Atomkraftwerks fiel und er sich im Verlauf dessen einer gewerkschaftlichen Initiative gegen Zwentendorf anschloss, kam er unweigerlich mit der Gewerkschaftsführung in Konflikt, die wie so oft, über die Köpfe ihrer Mitglieder hinweg eine Position einnahm, auf die sie alle Funktionäre zu verpflichten trachtete. Eine Position zur Bejahung der Kernkraftnutzung ohne wenn und aber natürlich.
Die folgenden Zeilen können vielleicht vermitteln, wie es dank solcher AlltagsheldInnen (und es ist tatsächlich sehr mutig gewesen, sich in solch einer Situation, unter solchen Rahmenbedingungen gegen den Mainstream zu stellen), innerhalb weniger Monate gelungen ist, gegen eine schier übermächtige Allianz aus Industrie, Sozialdemokratie und Gewerkschaft erfolgreich zu bestehen - die Volksabstimmung ergab ein knappes Votum gegen den Einsatz von Atomkraftwerken in Österreich.
Auch in den Büchereien hat es damals heftige Diskussionen, gerade auch mit BüchereibenutzerInnen gegeben, wobei die meisten BibliothekarInnen entschieden gegen die Inbetriebnahme von Kernkraftwerken waren und damit auch nicht hinter dem Berg hielten. Ich glaube, auch sie haben einen kleinen Beitrag gerade in aufklärerischer Hinsicht geleistet, da sie ja auf entsprechendes Informationsmaterial verweisen konnten, das von den LeserInnen auch angenommen wurde. Freilich gehörte viel weniger Mut für solche Initiativen dazu, als dies Leute wie Karl Cszerny aufzubringen hatten.
Nebenbei: sein Buch ist vergriffen und nur noch in zwei Büchereizweigstellen in Wien verfügbar. Hier ein besonderer Dank an die KollegInnen der Zweigstelle am Meiselmarkt, bei denen sich immer wieder solche Publikationen finden lassen, über die scheinbar die Zeit hinweggestrichen ist.
Ein offensichtlicher Irrtum, wie man an diesem Buch sieht:

Das Ende einer Karriere 30.9.1977
Nach dem Fehlschlagen meiner beiden, noch vor dem Urlaub unternommenen Versuche der Initiierung einer Zwentendorfdiskussion, entschloß ich mich — gestärkt durch das aufbauende Italienerlebnis — zu einer letzten Initiative in dieser Richtung. Im Rahmen der kommenden Betriebsversammlung wollte ich beim letzten Tagesordnungspunkt mit dem Titel „Verschiedenes“ das Wort zur Frage der Atomkraft ergreifen und sehen, was dann passieren würde. Mit einem ziemlich flauen Gefühl in der Magengegend sah ich dem Tag der Betriebsversammlung entgegen. Hätte den Auftritt gern schon hinter mir gehabt. Gestern war es dann so weit. Genau wie im letzten Jahr wurde die Betriebsversammlung wieder mit großer Routine und ohne jedes Engagement abgespult. Als das Ende der offiziellen Arbeitszeit beinahe erreicht war und alle bereits ans Aufbrechen dachten, kam endlich der Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ an die Reihe. Ich gab mir einen Ruck, meldete mich und teilte den Kollegen mit einer vor Aufregung leicht zitternden Stimme in kurzen Worten mit, daß sich vor einiger Zeit eine überfraktionelle Initiative von Gewerkschaftlern, die gegen die Inbetriebnahme von Atomkraftwerken eintreten, gebildet hätte. Ich sprach ganz kurz über die Ziele der Initiative und über unsere Kritik an der in der Zwentendorffrage wieder einmal deutlich zu Tage getretenen undemokratischen Entscheidungsstruktur des ÖGB. Schließlich stellte ich den Antrag, unter Beiziehung zweier Energieexperten eine betriebsinterne Diskussion zu dem gesamten Fragenkomplex zu veranstalten und bat den Versammlungsvorsitzenden, die Kollegen abstimmen zu lassen.
Die Aufbruchsstimmung, die sich vor meiner Wortmeldung breit gemacht hatte, war mit einem Schlag verflogen und es herrschte gespannte Aufmerksamkeit. Sofort nachdem ich geendet hatte, ließen einige ihre Arme zur Wortmeldung emporschießen. Und dann fielen sie regelrecht über mich her. Sie stellten den überfraktionellen Charakter unserer Initiative in Frage, sprachen von einem speziell gegen die SPÖ gerichteten Schlag des ÖAAB und der Kommunisten. Wollten in diesem Zusammenhang auch wissen, woher wir denn überhaupt die Adressen der Betriebsräte bekommen hätten, denen wir unseren Aufruf zur Unterzeichnung gesendet hatten. Das sei doch sicher nicht mit rechten Dingen zugegangen. Meinten schließlich, daß mein Verhalten in dieser ganzen Angelegenheit „kein Ruhmesblatt für die Gewerkschaft" sei. Der Tonfall, in dem all diese Vorwürfe und Unterstellungen geäußert wurden, machte deutlich, daß es sich hier um einen Ausbruch von offenbar bereits seit längerer Zeit aufgestauten Aggressionen handelte. Anscheinend war mein Engagement in der Zwentendorfinitiative ohnehin allen längst bekannt, man hatte sich aber nicht getraut, direkt mit mir darüber zu sprechen. Und nun gab ihnen mein eigener Vorstoß in dieser Frage die Gelegenheit, ihren heimlichen Unmut offen zu äußern.
Vor dem Beginn dieser ganzen Szene bis zu dem Augenblick, in dem ich mich zu Wort meldete, hatte mich die Angst gequält, vor versammelter Mannschaft eine Abfuhr zu erleben, für mein Verhalten angegriffen zu werden. Nun, nachdem meine Befürchtungen Wirklichkeit geworden waren, war meine Angst verschwunden. Ich empfand nur noch Wut über die meiner Meinung nach völlig ungerechtfertigten Beschuldigungen. In einer kurzen Stellungnahme antwortete ich in ziemlich scharfem Tonfall auf die Vorwürfe und schloß mit der Bemerkung, daß nicht mein eigenes Verhalten, sondern vielmehr die Art, wie die offiziellen Vertreter des ÖGB die Zwentendorffrage behandelten, kein Ruhmesblatt für die österreichische Gewerkschaftsbewegung darstelle. Bei diesen letzten Worten ging ein Raunen der Überraschung durch die Reihen: So hatte man den stillen-, freundlichen Doktor noch nicht reden gehört.
Seltsamerweise führte meine harte Replik nicht zu einer weiteren Eskalation der Auseinandersetzung. Denn nachdem die ärgsten Scharfmacher ihr Pulver verschossen hatten, meldeten sich nun einige besonnenere Kollegen zu Wort. In betont sachlichem Tonfall nahmen sie zur Kernkraftproblematik Stellung und führten dabei alle sattsam bekannten falschen Argumente der offiziellen ÖGB-Position ins Treffen. Zu gerne hätte ich die Gelegenheit ergriffen und die von mir gewünschte Zwentendorfdiskussion gleich auf der Stelle durchgeführt. Inzwischen war aber die offizielle Arbeitszeit bereits weit überschritten. Die zu Beginn der Auseinandersetzung herrschende Spannung hatte sich nach dem ersten kräftigen Schlagabtausch gelegt und eine immer stärkere Unruhe unter den Zuhörern signalisierte deutlich, daß allgemein eine Beendigung der Versammlung gewünscht wurde. In meiner Antwort ging ich daher auf das Gesagte nicht im einzelnen ein, sondern bemerkte nur, daß es zu all den genannten, scheinbar so plausiblen Argumenten mindestens ebenso vernünftige, aber in der Gewerkschaftsöffentlichkeit leider viel weniger bekannte Gegenargumente gäbe, die es wohl wert wären, in einer eigenen Diskussionsveranstaltung etwas genauer unter die Lupe genommen zu werden.
Im Anschluß an meine letzte Wortmeldung wollte der Vorsitzende angesichts der allgemeinen Aufbruchsstimmung die Versammlung beschließen. Da meldete sich plötzlich Kollege O. zu Wort und meinte, er empfinde es als äußerst undemokratisch, daß nun über den von mir gestellten Antrag auf Veranstaltung einer Zwentendorfdiskussion nicht abgestimmt werde.
Ich kenne O. aus vielen Gesprächen als sehr diskussionsfreudigen und mir wohlgesonnenen Kollegen. Trotzdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob es ihm mit seiner Kritik an der undemokratischen Versammlungsführung ernst war, oder ob er nicht vielleicht nur aus taktischer Überlegung so gesprochen hat. Wenn letzteres der Fall gewesen sein sollte, dann ist seine Taktik voll aufgegangen: Die Abstimmung brachte die totale Niederlage für meinen Antrag. Daß er mit großer Mehrheit abgelehnt werden würde, war mir ja von Anfang an klar gewesen. Daß sich aber keine einzige Stimme dafür finden würde, hatte ich nicht erwartet. Auch jene Kollegen, von denen ich aus privaten Gesprächen genau weiß, daß sie selbst Gegner der Kernkraft sind und das Verhalten des ÖGB in dieser Frage kritisieren, getrauten sich nicht, für eine Diskussion zu stimmen.
Heute, einen Tag nach der Betriebsversammlung wurde im ganzen Haus viel über das gestrige Ereignis gesprochen. Allgemein hieß es, mein Verhalten sei im Hinblick auf eine mögliche Karriere bei der Gewerkschaft ziemlich ungeschickt gewesen. Einer sprach sogar von „politischem Selbstmord". Wenn mir selbst auch nie etwas ferner gelegen ist, als irgendeine Karriere bei der Gewerkschaft oder anderswo, so ist doch an dem Wort vom „politischen Selbstmord" sicher etwas Wahres dran. Denn habe ich mir gestern auch keine Karriere verbaut (da ich ja keine angestrebt habe), so bin ich doch nun sicher und endgültig als linker Spinner, den man nicht mehr so richtig ernst nehmen kann, stigmatisiert.

Nachbemerkung zur Eintragung vom 30. 9. 1977
Als ich die obigen Zeilen niederschrieb, tat ich das in dem Bewußtsein, soeben eine vollkommene Niederlage für die von mir vertretene Sache erlebt zu haben. Heute, mehr als zwei Jahre später, sehe ich die Dinge in einem etwas anderen Licht. Vor einigen Tagen kam mir nämlich ganz zufällig folgendes zu Ohren: Bei einem von der Gewerkschaft der Privatangestellten veranstalteten Betriebsräteseminar wurde über innergewerkschaftliche Demokratie diskutiert. Als typisches Beispiel für undemokratisches Verhalten wurde dabei die seinerzeitige einstimmige Zurückweisung des von mir gemachten Vorschlages einer Zwentendorfdiskussion durch die Bau-und Holzarbeiter angeführt und kritisiert.
Die damaligen Ereignisse haben also offenbar doch Spuren in der Gewerkschaftsöffentlichkeit hinterlassen, die auch heute, zwei Jahre später, noch nicht gänzlich ausgelöscht sind. Diese Erfahrung, durch eine Handlung winzige, aber immerhin in die richtige Richtung weisende Spuren hinterlassen zu haben, ist für mich so etwas wie eine kleine, nachträgliche Entschädigung für so manche im Zuge meiner Arbeit in der Gewerkschaft erlebten Gefühle der Sinnlosigkeit meines Tuns.




Rechtsextreme überfallen Kulturverein

Wie Die Jüdische, Duftender Doppelpunkt, Standard und Presse, no-rasicm.net, indymedia, dieanderezeitung  berichten, ist vorige Woche der Kulturverein W23, der auch die "Bibliothek von unten" beherbigt, von Neonazis überfallen worden.

In einer bemerkenswerten Stellungnahme in den Mailinglisten L-kribibi und Bibmail stellt der Koordinator der "Kritischen Bibliothekarinnen und Bibliothekare", Heimo Gruber, diesen Vorfall in einen größeren Zusammenhang, der auch für unsere Büchereiarbeit von großer Relevanz ist:

Die Nachricht vom Überfall einer Gruppe von zehn Neonazis auf den Kulturverein W 23, der auch "die bibliothek - von unten" beherbergt, hat mich empört: Nicht nur die Gewalttat, sondern auch die üblichen Verharmlosungen der Polizei, die in einer ersten Stellungnahme die vermummten "Täter bisher keiner Gruppe zuordenbar" sieht.
In einem politischen Klima, in dem von 28,24 % der WählerInnen zwei Parteien gewählt wurden, die (selten in Österreich, aber durchgängig im restlichen Europa) als rechtsextrem bewertet werden und in dem ein Mann zum dritten Präsidenten des Nationalrats bestellt wurde, dessen Burschenschaft regelmäßig mit dem Verbotsgesetz und dem Wiederbetätigungsparagraphen in Konflikt kommt, fühlen sich solche Terroristen ermutigt.
Allein das auszusprechen, wird einem von einer wohlmeinenden und selbst über jeden Verdacht erhabenen Umgebung immer wieder als "unangemessene Dramatisierung" ausgelegt.
Auch wir Bibliothekarinnen und Bibliothekare sind Teil dieser Gesellschaft. Unser wohlsortierter Buchbestand und ein spezielles Publikum an BenutzerInnen nähren mitunter Illusionen, sich zumindestens in einer "heilen" Arbeitswelt zu befinden. Auch unter uns gibt es unterschiedliche Meinungen darüber, wo die Grenzen der Toleranz zu ziehen sind.
Während die einen zum Beispiel in der Verbannung von Autoren wie David Irving aus den Regalen einen Akt demokratiepolitischer Selbstverständlichkeit, bzw. Notwendigkeit sehen, erkennen andere darin einen ersten Schritt zur "Zensur".
Als Koordinator des Arbeitskreises kritischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare im Renner-Institut KRIBIBI möchte ich den Kolleginnen und Kollegen von "die bibliothek - von unten" Solidarität und Anteilnahme ausdrücken.
Ich werde in unserem Arbeitskreis vorschlagen, dass das kommende Frühjahrsseminar (15.-17.Mai 2009) von KRIBIBI einen entsprechenden thematischen Schwerpunkt setzen wird, der sich der notwendigen Auseinandersetzung mit jenen Tendenzen widmet, die sich meistens in "gemütlicherem" Gewand als durch gewalttätige Exzesse bemerkbar machen, deswegen aber nicht weniger gefährlich sind.
Heimo Gruber


Auch Büchereien sind kein Gulasch

In einem Interview in der Gratis-Illustrierten wien-live stellt die für die Wiener Büchereien zuständige Stadträtin Laska fest:

"Die Städtischen Büchereien haben ein sehr breites Aufgabengebiet. Vom Modell der kleinen Filiale - wo ich hingehe und mir ein Buch ausborge und nach 14 Tagen wieder zurückbringe - haben wir uns inzwischen weit entfernt.
Die Büchereien bieten jetzt vor allem Kommunikationsräume an. Bestes Beispiel ist die Hauptbücherei am Gürtel. Das ist ein Kommunikationszentrum erster Güte, wo Veranstaltungen stattfinden, wo Lernen vor Ort möglich ist, wo natürlich auch die neuen Medien genutzt werden können und wo es auch fachliche Beratung gibt."


Sie fallen von einem Extrem ins Andere. Jahrzehntelang ist in die Politikerköpfe nicht hineingegangen, dass Büchereien etwas anderes und mehr sind als eine Romanschwemme. Wenn sie dann vor Ort, wie die zuständige Stadträtin, nicht mehr übersehen können, dass die Bediensteten der Büchereien aus eigener Initiative mehr aus der Einrichtung machen, als sie sich je vorstellen hätten können, wird nunmehr diese Büchereiform zum einzigen Modell, das abgerufen wird, wenn das Keyword "Büchereien" fällt.
Und blenden aus, dass es schon aus Platzgründen und aus Gründen des BenutzerInnenbedarfs auch heute noch etliche Zweigstellen gibt, die nicht viel mehr sein können, als eine Einrichtung, die ein bedarfsorientiertes Sortiment bereit stellt für LeserInnen, die in die Bücherei nicht der Kommunikation und des Events halber hingehen, sondern um sich ganz einfach Bücher auszuborgen. Übrigens für vier Wochen und nicht für zwei.

Diese Stadträtin ist es im übrigen gewesen, welche jenen Büchereitypus trotz massiver Proteste (siehe Bilder) gekillt hat, dessen wesentliche Funktion nicht die Entlehnung von Medien war, sondern vor allem als Kommunikationstreffpunkt diente. Der aber dennoch - oder gerade deswegen - nachgewiesenermaßen als barrierefreier Zugang zur Bücherei für sogenannte bildungsferne Schichten diente.
Gemeint sind die Lehrlingsbüchereien, die vor einem halben Jahrzehnt als nicht dem Kerngeschäft der Büchereien zugehörig angesehen wurden.
Die jahrelange wertvolle Arbeit unter anderem auch im integrativen Bereich (da ja viele Lehrlinge nicht Deutsch als Muttersprache haben) war auf einmal nichts mehr wert.
Was zählte, waren nur noch Events und schnelle Ergebnisse, die wohlwollende Medienberichte nach sich zogen. Mittelfristig und langfristig wirkende Büchereiarbeit verschloss sich dagegen simplen Quantifizierungen, sondern war nur durch ein bißchen Nachdenken nachvollziehbar.

Die Stadträtin, die möglicherweise bald zu ihren Wurzeln zurück findet, beschreibt es selber im Interview:

"Aber im Grunde genommen ist es natürlich so, dass das Dankeschön und das unmittelbare Erfolgserlebnis weder im Unterricht noch in der Politik die erste Kategorie sind. Ich habe ja auch die Welt der Gastronomie kennengelernt, weil ich durch den Beruf meiner Eltern in der Gastronomie groß geworden bin.
Dort konnte ich etwas völlig anderes erleben. Da habe ich genau gewusst, ich serviere jemanden ein Gulasch und fünf Minuten später weiß ich, es hat ihm geschmeckt oder eben nicht. Das hat man weder in der Pädagogik noch in der Politik."

Und auch nicht in der Büchereiarbeit.




Anonymes Bloggen?

LoL hat es m.E. auf den Punkt gebracht:

LoL zumindest geht es so. Sie ist noch nicht so weit, sämtliche Daten, Bilder etc. von sich um den Globus zu schicken. Wehrt sich auch, bis jetzt immer noch erfolgreich, dagegen, dass auf der Website ihrer Bibliothek neben den Kontaktdaten der MitarbeiterInnen auch noch jeweils ein Bilder geladen wird. Diese absolute Öffentlichkeit, über die man keinerlei Kontrolle mehr hat, der man sozusagen machtlos ausgeliefert ist, ist ihr im Moment doch noch zu abschreckend - und auch zu einseitig. Das heisst aber nicht, dass sie nicht zu dem auf diesem Blog Geschriebenem steht. Auch ist ihr Blog absolut kein wohlgehütetes Geheimnis, LoL hat keine Probleme damit, ihn ihrem Freundes- und Kollegenkreis mitzuteilen und ihre Identität preiszugeben. Viel wichtiger als die Identität ist ihr in erster Linie aber jeweils der Inhalt eines Blogs bzw. Posts. Und Kontakt zum jeweiligen Blogger lässt sich über den Blog ja sowieso problemlos herstellen, egal ob man nun weiss, wie die Person mit richtigem Namen heisst, oder nicht.
Es geht eben nicht darum, als Anonymling quasi die Blogsau rauszulassen, sondern die ohnehin viel zu viel und an zu vielen Orten präsente Ichigkeit etwas zurückzunehmen. Was, so meine Vermutung, dem Geschriebenen durchaus zugute kommt. Irgendwo steht bei Walter Benjamin, dass die Qualität seiner Texte darauf zurückzuführen sei, stets das "Ich" vermieden zu haben. Dorthin ist es sowieso ein weiter Weg :-)




 

Keine angestaubten BibliothekarInnen mehr

gebe es in der Hauptbücherei, meint deren Leiter auf die Frage von buch-live auf S. 32, warum er in die Bücherei komme:
Und auch die Bibliothekarinnen und Bibliothekare sind nicht mehr angestaubt, sondern das ist ein modernes Berufsbild, dassich gewaschen hat, würde fast auf den Lippen liegen, aber nein, es wird brav fortgesetzt:sich sehr gewandelt hat!"
Es scheint, dass die KollegInnen direkt am Bau der Hauptbücherei eingesetzt worden waren, wo sie angestaubt wurden, aber sie es nunmehr nicht mehr sind, sozusagen.






Stealth-RFID-Chips als Schutz vor Bücherdieben?

Der Tagesspiegel und auch Die Welt sowie das Hamburger Abendblatt verkünden die neue Hoffnung:

High-Tech gegen Bücherklau in Berliner Bibliotheken

Berlins Bibliotheken sind hilflos im Kampf gegen Bücherdiebe. Nun wollen sie verstärkt auf eine neue Technologie setzen, um den Bestand zu schützen. Das ergab eine dpa-Umfrage zum Welttag der Bibliotheken heute. Die neue Technik heißt Radio Frequency Identification. Mittels eines Lesegerätes können die Chips in Büchern geortet werden, ohne sie zu berühren.
Allerdings ist auch dieses System noch nicht ausgereift, wie der 2,5-jährige Einsatz an der Universitätsbibliothek Karlsruhe zeigt. Sobald der Chip sichtbar ist, ist das Buch nicht mehr sicher. Ausleihe und Rückgabe funktionieren in Karlsruhe nun aber ohne Personal rund um die Uhr.

Wenn die Berliner Hoffnungen und die Karlsruher Erfahrungen zusammengeführt werden, dann kann das nur heißen, dass ausschließlich ein Tarnkappen-RFID-Chip vor Diebstählen schützen kann, denn ein gesehener Chip ist ein toter Chip.
Was geschieht eigentlich, wenn die Alarmanlage in Karlsruhe losgeht und rund um die Uhr kein Personal da ist?

Oder ist nur kein Bibliothekspersonal anwesend, dafür jenes von der Sorte, die ein aus dem Zusammenhang gerissener Satz in einem Bericht über eine Schwäbische Bücherei vermuten lässt:

Die Bücherei verwandelte sich in ein Polizeirevier.





Apotheker aus der Schusslinie - Affenhorde in die Bibliothek

In der  "Newsgroup de.sci.mathematik Reine und angewandte Mathematik." scheint selbst für eine reine Denkaufgabe die Vorstellung, dass Arzneimittelfläschchen in einer Apotheke falsch etikettiert werden könnten, zu ungeheuerlich zu sein. Da läßt man lieber durch eine Horde Affen eine Bibliothek verwüsten:
Apotheker-Raetsel (Stochastik)

"Ein Apotheker hat n Flaschen und n Etiketten. Wie hoch ist der Erwartungswert der Zahl der richtig aufgeklebten Etiketten? Die Flaschen haben verschiedene Inhalte sind aber von außen nicht unterscheidbar und sollen auch nicht geöffnet werden. Das Aufkleben geschieht völlig zufällig."
MfG Helmut

"Im Original heißt die Frage, wieviel Bücher im Mittel in einer Bibliothek, geordnet von einer Affenhorde, an ihrem angestammten Platz stehen.

Nur um die Apotheker aus der Schußlinie zu holen.

Bei der leeren Bibliothek ist der Erwartungswert 0, bei der 1-Buch Bibliothek 1 und bei der 2-Buch-Bibliothek 1/2 * 2 + 1/2 *0 =1.
Der Rest folgt per Induktion".

Roand Franzius




Raubgut, Nestschmutz und der ewige Dienstweg

Im aktuellen Spiegel 48/2008 S 58 ff wird über den Umgang mit Raubgut in deutschen Bibliotheken berichtet:

Die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen etwa ist stolz auf ihren hochmodernen Scan-Roboter. Beim Thema Digitalisierung ist sie bundesweit führend. Nur die Vergangenheit interessiert sie offenbar weniger.
Es war ein Referendar, der Ende vergangenen Jahres einen Blick in die verstaubten Zugangsbücher aus den Jahren des Zweiten Weltkriegs warf. Dort stieß Arno Barnert auf Lieferungen aus dem „Beutelager" der Wehrmacht in Göttingen. Er fand Zugänge aus Krakau, Posen, dem polnischen Konsulat in Leipzig und einem Gymnasium im niederländischen Enschede. Als „Ankauf" eingetragen waren Bücher des Wiener Goethe-Experten Friedrich Fischl, der 1941 deportiert und im Ghetto von Lodz ermordet worden war.
Barnert informierte die Bibliotheksleitung. Wenige Tage später bekam der Referendar den Besuch eines Bibliotheksdirektors, der dem jungen Mann empfahl, das NS-Raubgut besser nicht zum Thema seiner Abschlussarbeit zu machen. Damit werde er sich keine Freunde machen und zudem die Chancen auf einen Job nicht verbessern. Möglicherweise werde man ihn als Nestbeschmutzer ansehen.
Doch Barnert suchte weiter. „Die Wege und Geschichten von Büchern, die in der NS-Zeit erworben wurden, zu dokumentieren ist für Bibliothekare eine grundlegende Aufgabe, eine Frage der Ethik", sagt er. Im Februar tat sich Barnert mit dem Göttinger Germanisten Frank Möbus zusammen, der gerade eine Ausstellung zum Thema Bücherverbrennung vorbereitete.
Im Stadtarchiv fand Möbus Dokumente, die belegten, dass im März 1933 in Göttingen SA-Männer zusammen mit Polizisten bei einem kommunistischen Buchhändler 890 Bände beschlagnahmt hatten. Einen Teil bekam die Staatsbibliothek in Berlin, einen Teil die Universitäts-Bibliothek Göttingen.
Möbus unterrichtete die Göttinger Universitätsleitung, die beschloss, im Rahmen eines Forschungsprojekts NS-Raubgut in der Bibliothek ausfindig machen zu lassen. Referendar Barnert hingegen hatte sich von seinem Vorgesetzten noch lautstark belehren lassen, er habe den Dienstweg missachtet.
Der Dienstweg ist deutschen Bürokraten immer schon teuer gewesen, und er wurde in deutschen Bibliotheken selbst in den Wirren des Zweiten Weltkriegs beim Bücherraub zumeist eingehalten.

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